Endoskopie heute war gestern noch Science fiction

Die Dünndarm-Endoskopie mit Kapseln, vor vier Jahren beim Internistenkongreß in Wiesbaden vorgestellt, wird inzwischen von vielen niedergelassenen Gastroenterologen angeboten. Und die Entwicklung geht immer weiter: mit Kapseln zur Endoskopie der Speiseröhre oder des Dickdarms. Der Dünndarm kann auch mit Doppelballon-Enteroskopie untersucht werden - das Markus-Krankenhaus in Frankfurt am Main gehört zu den wenigen deutschen Zentren, die diese Methode anbieten. Weitere Optionen sind computergesteuerte Koloskope und Endoskope, die 1500fach vergrößerte Bilder liefern.

Veröffentlicht:

Weg von den grauen statischen Röntgenbildern hin zu den direkten Einblicken in Magen und Darm - die Endoskopie als einer der Meilensteine in der Geschichte der Medizin ist aus der Gastroenterologie nicht mehr wegzudenken.

Und sie wird immer weiter entwickelt. Professor Jürgen Riemann vom Klinikum der Stadt Ludwigshafen stellte bei der Fortbildungsveranstaltung im Markus-Krankenhaus Techniken vor, die die gastroenterologische Diagnostik verändern werden.

Das gastroenterologische Fortbildungssymposium wurde - wie immer in den vergangenen 22 Jahren auch - von Professor Karl Hans Holtermüller organisiert und geleitet. Unterstützt wurde die Veranstaltung von der Falk Foundation und Altana.

Endoskopie-Kapseln fürs Screening sind im Kommen

Ein Beispiel für neue Endoskopietechniken ist die Ösophagus-Kapsel (PillCam™ ESO). Riemann und sein Team haben an einer Studie mit der Kapsel teilgenommen, und die Kollegen waren von der Präzision und Klarheit der Bilder beeindruckt: "Die Bilder sehen genauso aus, als wären sie mit einem modernen Endoskop gemacht worden", sagte Riemann.

Die Kapsel ist etwas größer als eine große Antibiotika-Filmtablette. Sie hat an beiden Enden Optiken, mit denen Bilder gemacht werden. Nach Schlucken der Kapsel richtet der Patient nach jeweils ein bis zwei Minuten den Oberkörper um jeweils 30 Grad bis zur Senkrechten auf. So kann man die Passage der Kapsel durch die Speiseröhre etwas steuern.

Die Kapsel macht zwischen vier und 14 Bilder pro Sekunde. "In den USA wird die Kapsel bereits zum Screening auf Barrett-Ösophagus vermarktet", sagte Riemann. Bald werden Patienten mit steuerbaren Kapseln untersucht werden. "Auch die wiederverwertbare Kapsel wird kommen - und die Kolonkapsel zum Dickdarm-Screening."

Die Doppelballon-Enteroskopie verbreitet sich rasch

Wie rasch sich technische Entwicklungen durchsetzen, kann man am Beispiel der Doppelballon-Enteroskopie (DBE) sehen. 2002 berichtete der Erfinder der DBE, Dr. Hironori Yamamoto aus Kanada, von ersten Untersuchungen. Inzwischen ist die DBE auch in Deutschland eingeführt.

Das ist vor allem Professor Christian Ell von den Dr.-Horst-Schmidt-Kliniken in Wiesbaden und seinem Team zu verdanken, wie Riemann sagte. Bei der DBE wird der Dünndarm mit Hilfe zweier aufblasbarer Ballons über das Endoskop aufgefädelt (wie berichtet).

Man kann den Dünndarm via Duodenum, aber auch vom Ileum her untersuchen. Das Klinikum Ludwigshafen und neuerdings auch das Markus-Krankenhaus gehören zu den bislang wenigen Zentren in Deutschland, die die DBE anbieten.

Neu sind computergesteuerte Koloskope und Einmalgeräte

Aber auch bei den konventionellen Endoskopen geht die Entwicklung rasant weiter. Ein Beispiel ist das computergesteuerte Koloskop. "Der Computer paßt das Endoskop den Darmschlingen an.

Man ist in drei Minuten im terminalen Ileum, ohne daß die Patienten viel merken," sagte Riemann. Im Kommen sind Einmalendoskope: Über die Geräte werden Einmalhüllen gezogen - aufwendige Reinigungen und Desinfektion der Endoskope entfallen.

Gastroenterologen können bald Pathologen etwas Konkurrenz machen. Etwa mit der Bioendoskopie: Mit Fluoreszenzfarbstoffen werden Reaktionen adenomspezifischer Enzymen endoskopische sichtbar und damit kleinste Adenome. Spezialendoskope liefern Bilder bis zu 1500facher Vergrößerung, ähnlich histologischen Schnitten. (gwa)

ZUR PERSON

Gastroenterologie - Quo vadis?

Welche Fortschritte in der Gastroenterologie gibt es aktuell? Antworten geben Spezialisten seit 22 Jahren in der Fortbildungsreihe, die Professor Karl Hans Holtermüller im Markus-Krankenhaus in Frankfurt / Main organisiert hat.

Neue Erkenntnisse und Diagnose-Techniken sind auch bei dem letzten von Holtermüller als Chefarzt geleiteten Symposium diskutiert worden - Holtermüller gibt die Leitung der Medizinischen Klinik I ab.

Was ist machbar, was sinnvoll; worüber wird diskutiert? Über welche diagnostischen und therapeutischen Neuerungen sollten niedergelassene Kollegen informiert sein, weil solche Methoden schon angeboten werden? Jeder Kollege, der an einem dieser Symposien teilgenommen hat, weiß, daß man immer etwa Praktisches und etwas Zukunftsmusik mitnimmt.

Neuheiten wie Einmalendoskope und Endoskopie-Kapseln werden wohl ein Hit. So wie die Doppelballon-Enteroskopie, die Holtermüller im Markus-Krankenhaus eingeführt hat. "Die Gastroenterologie steht erst am Ende ihres Anfangs," sagt er.

Auch wenn sich Holtermüller als Chefarzt des Markus-Krankenhauses verabschiedet: Der Gastroenterologe wird weiter aktiv in der Medizin sein, auch als Jury-Mitglied für den von der "Ärzte Zeitung" gestifteten Galenus-von-Pergamon-Preis. (gwa)

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Der papierene Organspendeausweis soll bald der Vergangenheit angehören. Denn noch im März geht das Online-Organspende-Register an den Start.

© Alexander Raths / Stock.adobe.com

Online-Organspende-Register startet

Wie Kollegen die Organspende-Beratung in den Praxisalltag integrieren