Ballaststoffe helfen bei Stillstand im Kinder-Darm

Will die Verdauung bei Kindern nicht so recht in Schwung kommen, ist manchmal guter Rat teuer. Am ehesten sind dann Ballaststoffe angesagt - sie erhöhen Studien zufolge die Defäkationsfrequenz und reduzieren die Bauchschmerzen.

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Auch auf die Barrikade gehen hilft denkbar wenig, wenn im Darm nichts vorangeht.

Auch auf die Barrikade gehen hilft denkbar wenig, wenn im Darm nichts vorangeht.

© Torsten T. / panthermedia.de

NEU-ISENBURG (St). Alternative Therapien stehen hoch im Kurs, vor allem in der Pädiatrie. Doch welche wirken wirklich?

Niederländische Autoren versuchten diese Frage für die funktionelle Obstipation bei Kindern im Rahmen eines systematischen Reviews zu klären (Pediatrics 2011; 128: 753-761).

Ballaststoffe scheinen zu wirken

Weder die vermehrte Flüssigkeitsaufnahme noch eine Verhaltenstherapie oder Prä- und Probiotika können den Darm besser aktivieren als Placebo. Lediglich Ballaststoffe scheinen eine gewisse Wirkung zu erzielen.

Mehr konnten niederländische Autoren neun untersuchten Studien mit insgesamt 640 Kindern nicht entnehmen.

Denn: Die Datenlage ist bis dato relativ dünn. Wegen der Uneinheitlichkeit der Studien hinsichtlich der Teilnehmer, der Behandlungsmethoden und der Bewertung des Outcomes konnte keine Metaanalyse durchgeführt werden. Nur fünf der einzeln bewerteten Studien waren von methodisch hoher Qualität.

Vergleich des Effekts von Ballaststoffen und Placebo

In zwei randomisierten kontrollierten Studien (RCT) wurde bei Kindern mit funktioneller Obstipation der Effekt von Ballaststoffen mit Placebo verglichen.

In der ersten Studie mit 31 Kindern im Alter zwischen 4,5 und 11,7 Jahren lag nach vier Wochen die Defäkationsfrequenz in der Interventionsgruppe (Glucomannan, 100 mg / kg / Tag bis zu 5 g / Tag) nur noch bei 19 Prozent der Kinder unter dreimal / Woche (versus 52 Prozent in der Kontrollgruppe; p = 0,05).

Auch die Häufigkeit von Bauchschmerzen reduzierte sich in der Ballaststoffgruppe auf 10 Prozent (versus 42 Prozent in der Kontrollgruppe; p < 0,05). Die behandelnden Ärzte bewerteten die Beschwerden bei 45 Prozent der Kinder in der Interventionsgruppe als verbessert (versus 13 Prozent in der Kontrollgruppe; p = 0,05).

68 Prozent versus 13 Prozent für die Ballaststoffe

Die Eltern gaben den Ballaststoffen ein noch besseres Zeugnis (68 Prozent versus 13 Prozent; p = 0,05).

Auch in der zweiten Studie mit 56 kleinen Teilnehmern wirkten sich Ballaststoffe (Kakao-Getreide-Zusatz, 10,4 g / Tag für 3- bis 6-Jährige und 20,8 g / Tag für 7- bis 10-Jährige) signifikant positiv auf die Geschwindigkeit der Darmpassage und die subjektive Beurteilung der Stuhlkonsistenz aus.

In einer dritten, qualitativ weniger guten Studie wurde die Wirkung von 10 g Ballaststoffen mit 10 g Lactulose in Trinkyoghurt verglichen. Bei keinem der Bewertungskriterien zeigten sich hier signifikante Vorteile.

Auch für folgende Behandlungsstrategien konnten keine signifikanten Unterschiede bei der Darmtätigkeit zu einer Vergleichsmedikation oder Placebo nachgewiesen werden:

  • vermehrte Flüssigkeitsaufnahme über drei Wochen,
  • die Zufuhr von Präbiotika (Nutrilon 1) über drei Wochen,
  • Probiotika (Lactobacillus rhamnosus GG) zusätzlich zu 70 Prozent Lactulose über zwölf Wochen,
  • Magnesiumoxid versus Lactobacillus casei rhamnosus,
  • monatliche Verhaltenstherapie zusätzlich zu anderen Maßnahmen.

Der systematische Review zeigt, dass es vor allem an validen Studien zur nicht-medikamentösen Behandlung der Obstipation bei Kindern mangelt. Zu vielen Alternativstrategien wie Bewegungstraining, Homöopathie oder Yoga liegen überhaupt keine Untersuchungen vor.

Wegen der unzureichenden Studienlage weisen die Autoren darauf hin, dass auch das Ergebnis dieses Reviews nur mit Vorsicht interpretiert werden darf. Sie fordern deshalb Studien mit standardisierten Protokollen entsprechend den Rom-III-Kriterien vor allem auch im Rahmen der Primärversorgung.

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