Blinddarmentzündung

Antibiotika machen dem Skalpell Konkurrenz

Die antibiotische Behandlung von Kindern mit unkomplizierter Appendizitis ist oft, aber nicht immer erfolgreich. Nimmt man möglichst niedrige Versagensquoten als Kriterium, hat das Skalpell aber immer noch die Nase vorn.

Dr. Robert BublakVon Dr. Robert Bublak Veröffentlicht:
Kind mit Abwehrspannung im rechten unteren Quadranten: Zeichen einer akuten Appendizitis.

Kind mit Abwehrspannung im rechten unteren Quadranten: Zeichen einer akuten Appendizitis.

© dalaprod / fotolia.com

CHENGDU. Die akute Appendizitis ist einer der häufigsten Notfälle in der Pädiatrie. In der Therapie war die Chirurgie hier lange Zeit unangefochten erste Wahl. Seit jedoch Daten vorliegen, dass die unkomplizierte Entzündung des Wurmfortsatzes und sogar gut abgegrenzte Abszesse keiner dringenden chirurgischen Intervention bedürfen, wird der Vorrang der Operation infrage gestellt.

Nach und nach hat sich die konservative antibiotische Behandlung der unkomplizierten Appendizitis einen gewissen Rang verschafft, wobei die Resultate einschlägiger Untersuchungen hauptsächlich von Erwachsenen stammen. Die anatomischen und pathophysiologischen Verhältnisse bei Kindern unterscheiden sich aber von jenen bei Erwachsenen. Noch ist unklar, ob Antibiotika auch bei pädiatrischen Patienten mit Appendizitis erfolgreich eingesetzt werden können.

Libin Huang von der Abteilung für pädiatrische Chirurgie der Universität von Sichuan in Chengdu, China, hat zusammen mit Kollegen für eine Metaanalyse fünf klinische Studien durchgesehen, in denen die Ergebnisse der antibiotischen Therapie bei unkomplizierter Appendizitis mit jenen der Appendektomie verglichen worden waren. Teilgenommen hatten 404 Kinder im Alter zwischen 5 und 15 Jahren (JAMA Pediatr. 2017; online 27. März).

Auf den ersten Blick konnte sich die Erfolgsquote der konservativen Behandlung durchaus sehen lassen. Bei 90,5 Prozent der Patienten verschwanden die Symptome unter Antibiotika binnen 48 Stunden, ohne dass hätte operiert werden müssen und ohne Rückkehr der Entzündung im Monat danach. Auf den zweiten Blick rückte allerdings auch das Versagen der Therapie ins Bild. Und hier schnitt die Appendektomie besser ab. Es gab keine einzige Appendektomie mit negativem Resultat im Sinne der Entfernung einer blanden Appendix. Nur ein Patient musste aufgrund einer Komplikation erneut operiert werden. Daneben gab es noch sechs nicht näher spezifizierte kleinere, konventionell behandelte Zwischenfälle.

Demgegenüber war ein Therapieversagen bei konservativer Behandlung knapp neunmal häufiger. Elf Patienten mussten binnen 48 Stunden zur Appendektomie in den Operationssaal gebracht werden, bei fünf Patienten kehrte die Appendizitis innerhalb von einem Monat zurück. Auf einen Zeitraum von einem Jahr gesehen kamen sogar 26,8 Prozent der ursprünglich antibiotisch behandelten Patienten doch noch unters Messer.

War ein Appendikolith vorhanden, scheiterte die antibiotische Behandlung einer unkomplizierten Appendizitis besonders häufig. Therapieversagen und Rezidive der Appendizitis waren dann gut zehnmal so häufig wie ein Versagen der Appendektomie.

In einem Kommentar zur chinesichen Studie betonen die Kinderchirurgen Monica Lopez und David Wesson vom Baylor College of Medicine in Houston, US-Bundesstaat Texas, den experimentellen Charakter der nichtoperativen Behandlung akuter unkomplizierter Appendizitis. Ein solches Vorgehen sollte ihrer Ansicht nach nur im Rahmen klinischer Studien angeboten werden.

Die Ergebnisse in Kürze

» Bei 90,5 Prozent der Kinder mit unkomplizierter Appendizitis verschwanden die Symptome unter Antibiotika binnen 48 Stunden, ohne dass hätte operiert werden müssen und ohne Rückkehr der Entzündung im Monat danach.

» Auf einen Zeitraum von einem Jahr gesehen kamen jedoch 26,8 Prozent der ursprünglich antibiotisch behandelten Patienten doch noch unters Messer.

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