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Auf den Spuren des Bewußtseins

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Seit mehr als 15 Jahren beschäftigt sich der Kognitionswissenschaftler Christof Koch aus Pasadena intensiv mit der Suche nach der Stelle im Gehirn, an der das Bewußtsein sitzt - die meiste Forschungszeit gemeinsam mit dem Ko-Entdecker der DNA-Doppelhelix, Francis Crick, den Koch 1981 während des Studiums in Tübingen kennengelernt hatte.

Koch ist der Überzeugung, daß es für Bewußtsein ein neurologisches Korrelat gibt - irgendwo im ZNS gibt es Neuronen, ohne die es kein Bewußtsein gibt. Mit dem Buch "The Quest for Consciousness" hat Koch - in enger Zusammenarbeit mit dem im vergangenen Jahr gestorbenen Crick - eine ungewöhnlich gut lesbare Einführung in dieses Forschungsgebiet geschrieben.

Fast im Plauderton erzählt Koch von den Forschungsergebnissen, aus denen seiner Ansicht nach herauszulesen ist, wo im Gehirn das Bewußtsein sitzen muß. Auch wenn er das neurologische Korrelat für Bewußtsein (noch) nicht gefunden hat, macht er dennoch plausibel, wo er es vermutet, nämlich im Vorderhirn, zu dem der Neokortex, die Basalganglien, der Hippocampus, Mandelkern und Thalamus zählen.

Koch, der Mitunterzeichner des "Manifests über die Gegenwart und Zukunft der Hirnforschung" (Gehirn und Geist 6/2004) ist, stellt auch die Theorien anderer Forscher über den Ort des Bewußtseins vor, etwa die des US-Immunologen und Neurobiologen Gerald Edelman.

Nach dessen Vorstellung beruht Bewußtsein auf der Aktivität von Neuronengruppen, die über den gesamten Kortex verteilt sind. In seinem Buch "Das Licht des Geistes" beschreibt Edelman seine Vorstellungen darüber, was Bewußtsein ist, wie es entsteht und wo es lokalisiert ist. Für Edelman ist Bewußtsein ein dynamischer, nicht ortsgebundener Prozeß. Es entspringt der Wechselwirkung von Gedächtnis und aktueller Wahrnehmung.

Bereits 1978 hat Edelman seine Theorie der neuronalen Gruppenselektion der Öffentlichkeit vorgestellt, auch als neuronaler Darwinismus bezeichnet, die der Entstehung von Bewußtsein zugrundeliegt: "So wie im Evolutionsprozeß Individuen mit günstigeren Eigenschaften mehr Nachkommen haben, so haben im Gehirn diejenigen Synapsenpopulationen, die den Anforderungen von Bewertungssystemen entsprechen, eine größere Chance, in die Generierung künftigen Verhaltens einbezogen zu werden."

Wer sich allerdings bisher noch nicht so sehr mit den Theorien zur Entstehung von Bewußtsein befaßt hat, muß sich Edelmans Ausführungen dazu regelrecht erarbeiten, zumal die Übersetzung aus dem Amerikanischen stellenweise recht holprig ist. (ple)

Christof Koch: The Quest for Consciousness. Roberts & Company Publishers, Colorado 2004. 432 Seiten, 54 Abbildungen, ISBN 0-9747077-0-8, 39,50 Euro.

Gerald Edelman: Das Licht des Geistes. Walter Verlag, Düsseldorf 2004, 187 Seiten, ISBN 3530421820, 24,90 Euro.

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