Plädoyer für Hirnscreening bei Leberzirrhose

MALATYA (gwa). Bei Patienten mit Leberzirrhose sind oft schon Hirnleistungen wie Gedächtnis und Reaktionsfähigkeit beeinträchtigt, auch wenn noch keine manifeste hepatische Enzephalopathie (HE) mit Bewußtseinsstörungen besteht. Dann spricht man von subklinischer HE (SHE) - um 70 Prozent der Zirrhose-Patienten sind betroffen. SHE wird oft nicht erkannt, ist aber reversibel. Deshalb wird empfohlen, bei Zirrhose auf SHE zu screenen und Betroffene zu therapieren.

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Bei manifester klinischer HE, etwa Grad 1 von vier Schweregraden, sind neuromuskuläre Störungen wie Fingertremor und Bewußtseinsstörungen Symptome, die leicht erkennbar sind. Bei SHE gibt es keine solche offensichtlichen Symptome. Dennoch sind bereits Hirnleistungen wie Reaktionsfähigkeit beeinträchtig, und zwar ähnlich stark wie bei HE Grad 1.

    Etwa 70 Prozent der eine Million Patienten mit Zirrhose haben Hirnprobleme.
   

Erneut haben das jetzt Kollegen von der Inonu Universität in Malatya in der Türkei in einer Studie belegt. Sie untersuchten bei 32 Patienten mit gesicherter Leberzirrhose sowie bei 20 Gesunden Hirnleistungen wie das Gedächtnis ("Journal of the National Medical Association 97, 2005, 213).

Getestet wurde mit der überarbeiteten Wechsler-Gedächtnis-Skala, mit der etwa Kurz- und Langzeitgedächtnis geprüft werden, sowie mit weiteren standardisierten Gedächtnistests.

Bei den Zirrhose-Patienten waren im Vergleich zu den Gesunden unter anderem das visuelle Gedächtnis um 92 Prozent verringert, komplexe Gedächtnisleistungen um 72 Prozent, die Aufmerksamkeit um 68 Prozent und das Orientierungsvermögen um 40 Prozent. Nur sieben der Zirrhose-Patienten hatten jedoch eine manifeste HE Grad 1. Ihre Ergebnisse unterschieden sich nicht signifikant von denen der 25 Zirrhose-Patienten, die keine manifeste HE hatten, aber offensichtlich bereits eine SHE.

Fazit der Kollegen: Schon bei SHE, die bei einer üblichen klinischen Untersuchung oft nicht auffällt, sind Hirnleistungen bereits erheblich gestört. Das kann etwa beim Autofahren oder bei Bankgeschäften Probleme machen. Deshalb, und weil SHE häufig ist, empfehlen die Kollegen, bei Leberzirrhose gezielt auf SHE zu screenen, etwa mit dem Liniennachfahr- oder Zahlentests, und Betroffene zu behandeln.

HE ist potentiell reversibel. Eine Therapie ist Ornithin-Aspartat (etwa Hepa-Merz®), das bei latenter und manifester HE zugelassen ist. Die Substanz fördert die Ammonikentgiftung, indem es die Ammonik-abbauende Harnstoff- und Glutaminsynthese stimuliert. In Deutschland haben etwa eine Million Patienten eine Leberzirrhose.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Focus auf hepatische Enzephalopathie

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