Mit Zungentest läßt sich eine Dyskinesie früh feststellen

FULDA (KHS). Dyskinesien, die häufig nach langjähriger Therapie mit Antipsychotika auftreten, können sich nach Absetzen der Medikation langsam wieder zurückbilden. Die medikamentös bedingten motorischen Störungen lassen sich auch gut durch eine Therapie mit Tiaprid lindern.

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Spätdyskinesien aufgrund einer Neuroleptika-Therapie gelten üblicherweise als irreversibel, wenn die Symptome sechs Monate nach Absetzen des Neuroleptikums persistieren. Nach einer jahrelangen Neuroleptika-Therapie könne man jedoch nicht erwarten, daß die Symptome so schnell verschwinden, hat Professor Matthias Dose vom Bezirkskrankenhaus Taufkirchen berichtet. Nach seiner Erfahrung mit Patienten, die über 30 bis 40 Jahre Neuroleptika bekommen haben, besserten sich Dyskinesien auch Jahre nach dem Absetzen der antipsychotischen Medikation noch.

Trotzdem sollten Neuroleptika nur streng indiziert eingesetzt werden, sagte Dose auf einer von Sanofi-Aventis unterstützten Veranstaltung in Fulda. Vor allem klassische Neuroleptika dürften nicht als Schlaf- oder Beruhigungsmittel verwendet werden, dafür gebe es wirksame Alternativen. Für die Langzeitbehandlung mit Neuroleptika sei die kleinste wirksame Dosis zu ermitteln.

    Patienten sollten bei der Untersuchung stehen.
   

Sobald erste Dyskinesie-Symptome aufträten, müsse das Neuroleptikum abgesetzt und nicht etwa dessen Dosierung erhöht werden, womit Dyskinesien in der Tat "maskiert" werden könnten. Beim Medikamentenwechsel bestehe außer der Gefahr des Rezidivs auch die Gefahr von Absetzdyskinesien: Die Patienten sind dann noch unruhiger als unter der ursprünglichen Behandlung.

Deshalb habe vor Beginn jeder Neuroleptika-Behandlung eine spezifische Dyskinesie-Diagnostik zu erfolgen, die am besten alle sechs Monate wiederholt wird, sagte Dose. Als frühes Zeichen der Neuroleptika-bedingten Dyskinesie gelte die extreme Unruhe der Zunge. Die Betroffenen seien nicht in der Lage, die Zunge zehn Sekunden gerade herauszustrecken. Die Patienten sollten auch nicht auf einem Stuhl mit Armlehnen untersucht werden, weil sie sich daran festhalten und Dyskinesien der Arme unterdrücken könnten.

Außerdem solle der Arzt die Patienten aufstehen lassen, weil sich manche tardive Dyskinesien in Form leichter rotatorischer Hüftbewegungen äußerten. In die Anamnese sollten Fremdbeobachtungen einbezogen werden, da manche Patienten die Dyskinesien selbst nicht bemerkten. Dose verwies auf die "Skala für abnorme unwillkürliche Bewegungen" (SKAUB) als diagnostisches Hilfsmittel.

Die stabilste Therapie gegen Dyskinesien sei immer noch mit Dopamin-Rezeptor-Antagonisten wie Tiaprid (Tiapridex®) zu erreichen. Trotz seiner Ähnlichkeit mit typischen Neuroleptika sei unter Tiaprid in dreißig Jahren kein Fall einer tardiven Dyskinesie beschrieben worden, sagte Dose.

Von großem Vorteil sei auch, daß Tiaprid weder mit Histamin-, Acetylcholin- noch mit Serotonin-Rezeptoren interagiere, vegetativ also gut verträglich sei. Ferner habe man die Wirksamkeit von Tiaprid nicht nur bei tardiven Dyskinesien, sondern auch bei vielen anderen Bewegungsstörungen belegen können.

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