Hirnödem durch Hyponatriämie nach Marathon

Wer Sportler betreut, sollte die Hyponatriämie nicht übersehen. Denn die Komplikationen sind potenziell lebensbedrohlich.

Dr. Thomas MeißnerVon Dr. Thomas Meißner Veröffentlicht:
Bei Marathon-Großveranstaltungen muss mit schweren Hyponatriämien gerechnet werden. Läuferinnen sind besonders gefährdet.

Bei Marathon-Großveranstaltungen muss mit schweren Hyponatriämien gerechnet werden. Läuferinnen sind besonders gefährdet.

© Foto: dpa

KASSEL. Nach Marathonläufen sollen bis zu 13 Prozent der Sportler zu niedrige Natriumspiegel aufweisen, schwere Hyponatriämien mit Werten unter 120 mmol/l etwa 0,3 bis 0,6 Prozent, berichten Stefan Trautwein vom Klinikum Kassel und seine Kollegen (Notfall Rettungsmed 12, 2009, 287). Das erscheint wenig, bei Großveranstaltungen mit mehreren tausend Läufern müsse jedoch damit gerechnet werden, so Trautwein.

Die Kasseler Kollegen beschreiben den Fall einer 41-jährigen Marathonläuferin, die nach über fünf Stunden die Strecke bewältigt hatte und über Kreislaufbeschwerden und Unwohlsein klagte. Sie gab an, ausreichend getrunken zu haben. Sie erhielt dennoch mehrere verschiedene Infusionslösungen, unter anderem wegen des niedrigen Blutdrucks mit 90 mmHg systolisch.

Später wurde sie zunehmend unruhig und unkooperativ, erbrach mehrfach, war dann somnolent und gab nur noch unverständliche Laute von sich. Nachdem sie mit dem Notarzt in die Klinik gefahren worden war, stellte sich eine schwere Hyponatriämie mit 118 mmol/l und Hypokaliämie mit 2,9 mmol/l heraus.

In der Schädel-Computertomografie war ein leichtgradiges diffuses Hirnödem zu erkennen. Nach zweitägiger intensivmedizinischer Behandlung und weiteren zwei Tagen auf einer neurologischen Station konnte die Marathonläuferin ohne Folgeschäden mit normalisierten Elektrolytwerten nach Hause entlassen werden.

Zu erkennen im cCT: verstrichenes Hirnwindungsrelief (a, b), bifrontal aufgehobene Mark-Rinden-Differenzierung (b), sehr schlanke Seitenventrikel (c) und basale Zisternen (d). Diagnose: Hirnödem

Zu erkennen im cCT: verstrichenes Hirnwindungsrelief (a, b), bifrontal aufgehobene Mark-Rinden-Differenzierung (b), sehr schlanke Seitenventrikel (c) und basale Zisternen (d). Diagnose: Hirnödem

© Foto: Springer Medizin Verlag

Die exzessive Flüssigkeitsaufnahme über das Durstgefühl hinaus führt zu einem Verdünnungseffekt. Außerdem verlieren Sportler über den Schweiß in sehr unterschiedlichem Ausmaß Elektrolyte. Zu den Risikofaktoren für eine Hyponatriämie zählen unter anderen weibliches Geschlecht, ein niedriger Body-Mass-Index sowie die vorangegangene Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika. Die meist asymptomatische Hyponatriämie wird oft als Kreislaufkollaps verkannt. Verwirrtheit und Krampfanfälle weisen jedoch auf ein beginnendes Hirnödem hin. Vereinzelt können Ödeme an Händen und Füßen oder im Gesicht auftreten.

Die Therapie bei leichten Hyponatriämien besteht im strikten Verbot, weiter Flüssigkeit aufzunehmen, bis die spontane Urinproduktion wieder einsetzt.

Bevor bei Sportlern mit unspezifischen Beschwerden unkritisch hypotone Infusionslösungen verabreicht werden, empfehlen die Kasseler Kollegen tragbare Systeme zur Elektrolytdiagnostik, zum Beispiel transportable Blutgasanalysegeräte zu nutzen.

Mehr zum Thema

Keine verfassungsrechtlichen Bedenken

Cannabis-Gesetz unterschrieben – Freigabe am 1. April

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Ambulantisierung

90 zusätzliche OPS-Codes für Hybrid-DRG vereinbart

Lesetipps
Der Patient wird auf eine C287Y-Mutation im HFE-Gen untersucht. Das Ergebnis, eine homozygote Mutation, bestätigt die Verdachtsdiagnose: Der Patient leidet an einer Hämochromatose.

© hh5800 / Getty Images / iStock

Häufige Erbkrankheit übersehen

Bei dieser „rheumatoiden Arthritis“ mussten DMARD versagen