Autismus durch defektes Neuronengerüst

Genvarianten beeinträchtigen die Signalleitung zwischen Nervenzellen. Sie verhindern, dass ein funktionsfähiges Gerüstprotein aufgebaut wird.

Veröffentlicht:

HEIDELBERG (eb). Können Nervenzellen im Gehirn wegen eines genetischen Defekts kein funktionsfähiges Gerüstprotein SHANK2 bilden, ist ihre Kommunikation mit anderen Neuronen gestört. Mäuse mit solchen fehlerhaften Proteinen zeigen Verhaltensauffälligkeiten, die autistischen Störungen beim Menschen ähnlich sind.

Diesen Zusammenhang haben Wissenschaftler der Uniklinik und des Max Planck Instituts in Heidelberg nachgewiesen (Human Molecular Genetics 2011; online).

2010 hatten die Wissenschaftler um Professor Gudrun Rappold die Mutationen des SHANK2-Proteins bei Patienten mit autistischer Störung oder geistiger Behinderung entdeckt. Im Erbgut von 580 Patienten fanden sie zehn verschiedene Mutationen von SHANK2.

Drei davon nahmen sie in der aktuellen Arbeit näher unter die Lupe. Sie belegten, dass diese Mutationen im SHANK2-Gen zu morphologischen Veränderungen in den Nervenzellen führen und bei Mäusen Symptome auslösen können, wie sie in ähnlich bei autistischen Störungen auftreten.

Symptome erst bei den Nachkommen

Die Wissenschaftler untersuchten aus Mäusen isolierte Nervenzellen ohne funktionsfähiges SHANK, in die sie die genetische Information für eine der drei SHANK 2-Varianten einschleusten.

Die Zellen bildeten daraufhin das defekte Gerüstprotein und weniger Kontaktstellen für andere Nervenzellen. Deshalb sind sie vermutlich weniger empfänglich für Botenstoffe.

Die Mutationen verursachten in unterschiedlichem Ausmaß morphologische und funktionelle Veränderungen. Dazu passt, dass es Träger von SHANK2-Mutationen gibt, die selbst nicht erkranken. Erst bei ihren Kinder treten Symptome auf.

Diese Genvarianten gelten daher als Risikofaktor. Zu einer autistischen Störung kommt es oft erst, wenn weitere Faktoren hinzukommen.

Eine korrekte innere Struktur der Nervenzellen ist also für eine normale Entwicklung von Sprache, sozialen und kognitiven Fähigkeiten nötig.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Gesamtmortalität reduziert

Semaglutid und Tirzepatid könnten HFpEF-Patienten helfen

Abseits der „vier Säulen“

DIGIT-HF-Studie: Digitoxin von klinischem Nutzen bei Herzinsuffizienz

Klinisch äußerst mannigfaltig

Polyzystisches Ovarsyndrom: In drei Schritten zur richtigen Diagnose

Lesetipps
Madrid bei Sonnenuntergang.

© Shansche / Getty Images / iStock

Vorschau aufs Wochenende

Herzkongress ESC 2025: Diese neuen Studien stehen im Blickpunkt

Ein älterer Mann liegt nach einem Sturz auf dem Boden, neben ihm liegt sein Holzstock auf dem Teppich im Wohnzimmer seines Hauses.

© Daniel / stock.adobe.com

Gefährdete Senioren erkennen

Sturz auf Bodenhöhe: Wann droht eine Hirnblutung bei älteren Menschen?