Problem für den Nachwuchs

Alter Vater ist eine psychiatrische Hypothek

Ist der Vater bei der Geburt eines Kindes älter als 45 Jahre, hat es der Nachwuchs später womöglich schwer. Das Risiko für psychiatrische Störungen und schlechte Schulleistungen der Sprösslinge ist in solchen Fällen erhöht.

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Ob er gerade an potenziellen Nachwuchs denkt?

Ob er gerade an potenziellen Nachwuchs denkt?

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BLOOMINGTON. Die Gefahr für Kinder alter Väter, psychiatrisch zu erkranken oder in der Schule zu versagen, hat eine amerikanisch-schwedische Arbeitsgruppe um Brian D'Onofrio von der Indiana-University in Bloomington nun genauer beziffert.

Hiernach ist das Autismus-Risiko der Nachkommen von Vätern über 45 im Vergleich zum Risiko von Kindern 20- bis 24-jähriger Väter um den Faktor 3,45 erhöht. Deutlich häufiger sind zudem Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (Faktor 13,13), Psychosen (2,07), bipolare Störungen (24,70), Suizidversuche (2,72) und Suchtprobleme (2,44).

Mädchen und Jungen mit Vätern in fortgeschrittenem Alter gehen zudem öfter ohne Abschluss (1,59) und mit weniger als zehn durchlaufenen Klassenstufen von der Schule ab (1,59) (JAMA Psychiatry 2014; online 26. Februar).

"Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit der Hypothese, dass altersassoziierte genetische Mutationen während der Spermatogenese die Morbidität des Nachwuchses in vielerlei Hinsicht beeinflussen", schreiben D'Onofrio und seine Mitarbeiter, ihre Ergebnisse erläuternd.

Genetische Tests hatten die Forscher allerdings gar nicht vorgenommen. Vielmehr bedienten sie sich für ihre Studie der Daten einer ganzen Reihe schwedischer Register: des Geburten-, Multigenerationen-, Migrations-, Todesursachen-, Patienten-, Kriminalitäts-, Schul-, Erziehungs-, Wehrpflichtigen- und Krankenversicherungsregisters.

Mit dem Material war es möglich, knapp 90 Prozent der zwischen 1973 und 2001 geborenen Schweden - insgesamt 2.615.081 Personen - zu erfassen und ihre schulischen und psychiatrischen Karrieren zu verfolgen.

Den Kindern später Väter wurden Geschwister und Cousins als Vergleichspersonen gegenübergestellt. Zudem erfolgte ein Abgleich nach Geschlecht, Geburtsjahr und Position in der Geburtenfolge der Geschwister, um etwaige Einflüsse dieser Parameter auszuschließen.

Im Vergleich zu früheren Studien zu diesem Thema zeichnet die vorliegende Untersuchung ein abweichendes Bild. So war der Einfluss des Vateralters stärker, als es frühere Schätzungen nahegelegt hatten. Das mag seinen Grund im Geschwistervergleich haben.

Faktoren, die sich im allgemeinen Vergleich eher abschwächend auf den negativen Alterseffekt auswirken - wie größere Reife und ausgeprägteres Pflichtgefühl älterer Väter, bessere soziale und kulturelle Voraussetzungen -, lassen sich damit ausblenden.

Und es zeigte sich, dass es eine Art Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen Alter des Vaters und Morbidität der Kinder gibt: Die erhöhte Wahrscheinlichkeit, psychiatrisch zu erkranken, beschränkt sich keineswegs auf Kinder besonders betagter Väter, vielmehr lässt sich für die väterlichen Lebensjahre ab 20 ein stetiger Anstieg des Risikos beobachten. (rb)

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