Forschung

Mit künstlichem Jet-Lag gegen Bipolare Störungen

Forscher sind sich sicher: Es gibt einen Zusammenhang zwischen Lichtwahrnehmung und Bipolarer Störung. Um ihre These zu überprüfen, wollen sie Probanden in einen künstlichen Jet-Lag versetzen.

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Bipolare Störungen werden wohl durch Licht gesteuert – und haben so indirekt etwas mit der Jahreszeit zu tun.

Bipolare Störungen werden wohl durch Licht gesteuert – und haben so indirekt etwas mit der Jahreszeit zu tun.

© freshidea / Fotolia

DRESDEN. Mit dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF geförderten Vorhaben "NIVIL" erforschen Dresdner Ärzte, ob die Bipolare Störung durch "nicht-visuelle Licht-Effekte" moduliert wird.

Für diese Studie suchen die Wissenschaftler der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinikums Carl Gustav Carus noch Teilnehmer.

Ausgangspunkt des Forschungsprojekts sind sogenannte "nicht visuelle" Funktionen des Lichts, teilt das Uniklinikum Dresden zur Studie mit. Diese umfassen zum Beispiel die Regulation von Wachheit und die Synchronisierung zirkadianer Rhythmen.

Die Bipolare Störung ist mit vielen saisonalen Besonderheiten und Besonderheiten der inneren Rhythmen verbunden. Es werde vermutet, dass eine veränderte Wahrnehmung nicht-visueller Licht-Reize diese Besonderheiten erklären könnte, so die Mitteilung.

Innere Gen-Uhr

Jeder Mensch hat einen eigenen inneren Rhythmus. Dieser ist – soweit derzeit bekannt ist – weitgehend genetisch festgelegt, also vererbt und nur unwesentlich beeinflussbar. Jede Zelle enthält eine innere Uhr, die dominante sogenannte "Master-Clock" befindet sich jedoch im Suprachiasmatischen Nukleus (SCN), einer kleinen Region im Hypothalamus des Gehirns.

Der stärkste Zeitgeber der "inneren Uhr" ist Licht. Die "intrinsisch photosensitiven Ganglienzellen" mit dem Pigment Melanopsin registrieren anhaltendes starkes Licht im blauen Spektrum und sind damit geeignet, die allgemeinen Lichtbedingungen, insbesondere Tageslicht, zu erkennen, erklärt das Uniklinikum Dresden in seiner Mitteilung.

Anders als die anderen Pigmente, die in Stäbchen und Zapfen enthalten sind, werde diese Information jedoch nicht-visuell verarbeitet; das heißt, es dient nicht der Erzeugung eines Bildes im Kopf.

Vielmehr stimulierten die Melanopsin-haltigen Zellen direkt die "innere Uhr" des Menschen. Durch das einfallende Licht werde der SCN also täglich justiert, um im Einklang mit der Außenwelt zu stehen.

Jet-Lag stört Nervensystem

Bei weiten Reisen in ost-westlicher Himmelsrichtung kann diese Justierung einige Tage dauern; der "Jet-Lag" entsteht. Über das autonome Nervensystem und den Botenstoff Melatonin teilt der Suprachiasmatische Nukleus allen anderen Zellen im Körper die "aktuelle Uhrzeit" mit und sorgt dafür, dass die Zellen synchron laufen.

Die Bipolare Störung geht mit Besonderheiten der zirkadianen Rhythmik und des Ansprechens auf Licht einher. Betroffene leiden häufiger an andauernden Schlafstörungen, brauchen länger um einzuschlafen und haben einen weniger kontinuierlichen Schlaf.

Das Auftreten von Krankheitsepisoden weist in den meisten Ländern ein saisonales Muster mit Gipfeln im Frühjahr und (etwas weniger ausgeprägt) im Herbst auf.

Was hat Jet-Lag mit Bipolaren Störungen zu tun?

Die Gesamtheit der Befunde lege nahe, dass die Bipolare Störung mit Veränderungen –vermutliche einer Hypersensitivität – im System der nicht visuellen Lichtverarbeitung einhergeht, so das Uniklinikum Dresden in seiner Mitteilung zur Studie.

In der Studie im Winter 2016/2017 soll ermittelt werden, ob Patienten mit Bipolarer Störung eine veränderte Tendenz zur sogenannten Phasenverschiebung haben. Die Phasenverschiebung tritt etwa bei Reisen in Ost-West-Richtung auf, kann aber auch künstlich erzeugt werden, wenn man abends oder frühmorgens mehrere Stunden einer starken Lichtquelle ausgesetzt wird.

Da Patienten häufig die Erfahrung schildern, sich in ihrer Stimmung durch Ost-West Reisen deutlich verändert zu fühlen, wurde die Hypothese einer stärkeren Phasenverschiebung durch abendliche Lichtexposition formuliert.

Ablauf der Untersuchung

Die Untersuchung der Probanden finde an drei aufeinanderfolgenden Abenden statt, so die Uniklinik Dresden.

Während am ersten Abend bei Dunkelheit serielle Blutentnahmen erfolgen, um den Anstieg der Melatonin-Ausschüttung zu messen, werden die Studienteilnehmer am zweiten Abend zwischen 21:00 bis 23:15 Uhr einfarbigem Licht ausgesetzt (Wellenlänge=480nm).

Am dritten Abend erfolgt erneut die serielle Bestimmung von Melatonin-Werten, anhand derer die Verschiebung der Phase ermittelt werden kann. Es sei geplant, circa 100 Probanden, davon 40 mit Bipolarer Störung, einzuschließen. Teilnehmer erhalten 150 Euro als Aufwandsentschädigung. (eb)

Kontakt über das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Telefon Studienzentrum: 0351 458-3595, E-Mail: Nivil@uniklinikum-dresden.de

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