Hausärzte tragen viel zur Suizid-Prophylaxe bei

NEU-ISENBURG (mut). Die meisten Patienten haben vor einem Suizid noch einmal Kontakt zu ihrem Hausarzt. Daher können Hausärzte besonders viel tun, um Menschen vom Suizid abzuhalten. Wird es Menschen erschwert, an Waffen oder Gifte zu kommen, senkt dies ebenfalls die Suizidrate. Aufklärungskampagnen in der Bevölkerung nützen aber offenbar wenig.

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Das ist das Fazit einer großen Analyse von 93 Studien zur Suizidprävention (JAMA 294, 2005, 2064). Hausärzte können deshalb soviel zur Suizidprävention beitragen, so die Autoren der Analyse, weil etwa zwei Drittel der Menschen in den vier Wochen vor einem Suizid Kontakt mit Ärzten haben.

In Regionen, in denen Ärzte bei Präventionsprogrammen gezielt über Depressionssymptome und -therapien fortgebildet wurden, sank die Suizidrate deutlich. Die plausibelste Erklärung dafür: Es wurden vermehrt Patienten mit Depression und Suizidgedanken erkannt und behandelt, so die Autoren.

    70 Prozent der Menschen, die Suizid begehen, sind depressiv.
   

Da etwa 70 Prozent der Menschen, die Suizid begehen, schwer depressiv sind, liegt die Annahme nahe, daß eine antidepressive Therapie auch Suizide verhindert. Dafür gibt es jedoch kaum direkte Belege. So ist die Zahl der Suizide in Studien mit Antidepressiva meist sehr klein - der Unterschied zwischen Placebo und Medikation folglich nicht signifikant.

Epidemiologische Studien liefern zumindest Hinweise darauf, daß eine Antidepressiva-Therapie Suiziden vorbeugt, berichten die Autoren. So gingen in den USA und Australien die Suizidraten in den Regionen am stärksten zurück, in denen am häufigsten Antidepressiva verschrieben wurden. In einer der analysierten Studien wurde festgestellt, daß die Suizidrate in den Ländern am deutlichsten fiel, in denen die Antidepressiva-Verschreibungen am stärksten zunahmen.

Wichtig ist auch die Nachsorge nach einem Suizidversuch - hier gibt es auch Daten zum Nutzen der Psychotherapie. So ließ sich die Rate von erneuten Suizidversuchen in Studien durch kognitive Verhaltenstherapie zum Teil halbieren. Ungünstig ist dagegen, Patienten nach einem Suizidversuch zu schnell aus einer psychiatrischen Klinik nach Hause zu schicken: Bei einem Projekt in Norwegen hatte sich die Suizidrate bei solchen Patienten innerhalb eines Jahres verdreifacht.

In Ländern, in denen Menschen der Zugang zu Waffen, Pestiziden oder Barbituraten erschwert wurde, kam es darauf ebenfalls zu einem Rückgang der Suizidrate. Wenig nützen offenbar Aufklärungskampagnen in der Bevölkerung. Die Menschen kennen sich danach zwar mit Depressionen besser aus, eine Auswirkung auf die Suizidrate lies sich in Studien aber nicht nachweisen.

Lesen Sie dazu auch: Wissen über Depressionen bringt gegen Suizide mehr als vermutet

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