Bei jedem zehnten Psychiater deutliche Hinweise auf Burnout

MANNHEIM (mut). Bei etwa zehn Prozent der Psychiater und Notfallmediziner finden sich deutliche Hinweise auf ein Burnout, etwa 13 Prozent haben einen bedenklichen Alkoholkonsum und über 20 Prozent haben Depressionssymptome. Fast jeder zweite Psychiater hatte zudem nach eigenen Angaben schon einmal eine depressive Episode. Diese Zahlen stammen aus anonymen Umfragen bei zwei großen Ärztekongressen.

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Überlastet, depressiv und ausgebrannt: Vielen Ärzten scheint ihre Arbeit über den Kopf zu wachsen.

Überlastet, depressiv und ausgebrannt: Vielen Ärzten scheint ihre Arbeit über den Kopf zu wachsen.

© Foto: imago

Führt die hohe Arbeitsbelastung bei Ärzten häufiger zu Burnout, Depressionen und Suchterkrankungen? Bisherige Studien lieferten darauf immer wieder Hinweise, hat Dr. Petra Beschoner von der Psychiatrie des Uniklinikums Ulm berichtet. Beschoner und ihre Kollegen aus Ulm haben zwei große Ärztekongresse genutzt, um dieser Frage auf den Grund zu gehen: Den Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) im Jahr 2006, so wie dem Interdisziplinären Kongress für Intensivmedizin und Notfallmedizin (DIVI) im selben Jahr.

Auf den Kongressen wurden Fragebögen verteilt mit standardisierten Fragen zu Depression (Beck Depression Inventar, BDI), Burnout (Maslach Burnout Inventar, MBI) und Alkoholkonsum (Alcohol Use Disorder Identification Test, AUDIT). Insgesamt konnten beim DGPPN-Kongress knapp 1100 Fragebögen ausgewertet werden, beim DIVI-Kongress etwas mehr als 1300 - der Rücklauf lag damit zwischen 50 und 60 Prozent. Die Ergebnisse der Befragung hat Beschoner beim ersten Deutschen Suchtkongress in Mannheim vorgestellt.

Von den befragten Psychiatern hatten 20 Prozent einen BDI-Wert von mehr als 11 Punkten und damit mindestens eine leichte Depression. Bei den Intensivmedizinern lag dieser Wert bei 24 Prozent. Knapp 45 Prozent der DGPPN-Teilnehmer gaben an, schon mal eine manifeste Depression gehabt zu haben, bei den DIVI-Besuchern waren es nur 20 Prozent. Zum Vergleich: Die Lebenszeitprävalenz in der Allgemeinbevölkerung für eine Depression liegt bei etwa 17 Prozent.

Jeder fünfte befragte Psychiater gab an, Depressions-Symptome zu haben.

Die Depressionsdiagnose ließen sich jedoch nur ein Drittel der Psychiater und nur ein Viertel der Intensivmediziner durch einen anderen Arzt bestätigen - die meisten verließen sich also auf ihr eigenes Urteil. Möglicherweise kam es bei den Psychiatern zu einer Überdiagnose - da sie täglich mit psychischen Erkrankungen zu tun haben, schauen sie vielleicht bei sich selbst etwas genauer hin, so eine mögliche Hypothese.

Allerdings: Nicht nur die selbst eingeschätzte Lebenszeitprävalenz für Depressionen war bei Psychiatern mehr als doppelt so hoch wie bei Intensivmedizinern, sondern auch der Anteil von Psychiatern, die bereits Suizidversuche unternommen haben (2,2 versus 1 Prozent). Das könnte darauf deuten, so Beschoner, dass Psychiater tatsächlich vermehrt depressiv sind.

Bei den anderen Punkten gab es dagegen geringere Unterschiede. 13 Prozent der Psychiater waren nach der MBI-Skala emotional erschöpft und damit Burnout-gefährdet, 9 Prozent waren es bei den Notfallmedizinern. Nach der AUDIT-Skala zeigten sowohl 13 Prozent der DGPPN- als auch der DIVI-Teilnehmer einen riskanten Alkoholkonsum - diese entspricht dem Wert in der Allgemeinbevölkerung.

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