Brennpunkte

Entschärfung verhindert Suizide

Drei Maßnahmen, die darauf zielen, Suizide an Brennpunkten wie prominente Brücken zu verhindern, erfüllen offenbar ihren Zweck.

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MELBOURNE. Brücken, Bahnstrecken oder hohe öffentliche Gebäude sind Beispiele für Orte, an denen sich in manchen Gegenden die Suizide häufen.

Oft handelt es sich dabei um Nachahmertaten. Australische Forscher um Jane Pirkis vom Zentrum für geistige Gesundheit an der Uni Melbourne haben die (oft kombinierten) Interventionen, die Selbsttötungen an solchen Brennpunkten verhindern sollen, klassifiziert und drei von ihnen in einer Metaanalyse auf ihre Wirkung überprüft.

Es handelt sich dabei um die Beschränkung des Zugangs (etwa durch Zäune), das Vorhalten von Hilfsangeboten (etwa durch das Aufstellen von Telefonen mit Verbindung zu einer Hotline) und die Möglichkeit, Dritte eingreifen zu lassen (indem zum Beispiel Überwachungskameras installiert werden).

23 Artikel zu 18 einschlägigen Studien wurden berücksichtigt. Die Kalkulationen ergaben, dass eine Zugangsbeschränkung die Suizidrate, aufs Jahr gerechnet, um rund 90 Prozent senkt. Hilfsangebote und das mögliche Eingreifen Dritter reduzieren die Quote um jeweils rund die Hälfte (Lancet Psychiatry 2015, online 23. September).

Sprung in den Tod: Rate sank nach Errichten von Barrieren

Bliebe die Frage, ob sich die Suizidwilligen dann nicht einfach anderswohin begeben, um ihre Absicht in die Tat umzusetzen. Pirkis und ihre Kollegen bestreiten das.

Sie verweisen auf eine eigene Studie aus dem Jahr 2013, in der sie Suizide durch Sprung in den Tod etwa von Brücken, Klippen oder Gebäuden untersucht hatten.

Hiernach sank die Rate an Selbsttötungen an den bezeichneten Orten nach dem Errichten von Barrieren oder dem Spannen von Sicherheitsnetzen um 86 Prozent.

Zwar stieg sie dafür in der Umgebung um 44 Prozent. Übrig blieb aber eine Reduktion der Suizide durch Sprünge um 28 Prozent.

Pirkis und ihre Kollegen räumen aber auch ein, dass Maßnahmen an Suizid-Brennpunkten die Gesamtzahl der Suizide nicht wesentlich verändern. Dort etwa, wo es wenige Gelegenheiten zu Sprüngen in große Tiefen gibt, ereignen sich zwar weniger Sprung-Suizide. Die Raten der Selbsttötungen sind aber ähnlich hoch.

Die australischen Forscher betonen aber, es gehe bei der Verhinderung von Suiziden an prominenten Orten auch um andere Ziele. So gingen die Versuche, sich umzubringen, an solchen Orten häufig tödlich aus, zögen ein großes Medieninteresse auf sich und könnten so zu Nachahmertaten veranlassen.

Auch müsse man an die Menschen denken, die an diesen Orten arbeiteten oder sie aus anderen Gründen besuchten und die unter solchen Ereignissen leiden könnten. (rb)

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