Opioide lindern starke Schmerzen durch Post-Zoster-Neuralgie

Trotz Anwendung moderner Virustatika kommt es bei zehn bis 15 Prozent aller Zoster-Patienten zu einer Post-Zoster-Neuralgie mit starken Schmerzen, die über Jahre persistieren und die Lebensqualität Betroffener erheblich beeinträchtigen können. Damit es nicht zu einer solchen Chronifizierung kommt, muß so früh wie möglich mit einer Schmerztherapie begonnen werden, wie Halke Öttlinger, Schmerztherapeutin aus Pressig, betont.

Veröffentlicht:
  • Die aktuelle Situation

Eine 64jährige Rentnerin klagt nach einer Herpes-zoster-Infektion über zunehmende Schmerzen, die sich mit NSAR und Opioiden der WHO-Stufe 2 nicht ausreichend lindern lassen. Sie wird daraufhin in meine Praxis überwiesen.

Wenn auch Sie eine interessante Kasuistik zum Thema Schmerztherapie haben, schreiben Sie uns Ihren Fall. Oder haben Sie einen besonders kniffligen Schmerzpatienten? Schildern Sie die Problematik! Wir werden sie an unsere Experten weiterleiten.

Schreiben Sie an: Ärzte Zeitung Ressort Medizin Postfach 20 02 51 63077 Offenbach oder per Email an: med@aerztezeitung.de

Bei der Erst-Untersuchung sind im Bereich des gut abgeheilten Herpes zoster (oberer Rücken, Brust und Innenseite des rechten Oberarms) brennende, stechende, stärkste Schmerzen bei leichten Berührungen oder Bewegung des Arms auffällig. Die Schmerzintensität wird von der Patientin auf einer visuellen Analogskala von 0-10 (VAS) mit 10 (=stärkster vorstellbarer Schmerz) bewertet.

Aufgrund der Schmerzen wird der rechte Arm nicht mehr benutzt. Die Patientin kann kaum noch schlafen. Infolge der seit Wochen anhaltenden stärksten Schmerzsymptomatik zeigt die Patientin zudem Zeichen einer reaktiven Depression (bestätigt mit der allgemeinen Depressions-Skala).

  • Was ist bisher passiert?

Die Frau - ohne sonstige besonderes Auffälligkeiten in der Anamnese - berichtet, daß sie während einer Urlaubsreise in den Süden eine plötzliche Rötung und Bläschenbildung am Rücken bemerkt habe. Am nächsten Morgen traten starke Schmerzen auf an Rücken, Brust und Oberarm rechts auf. Diese Stellen sind zudem mit Bläschen übersät. Mitreisende Ärzte stellten die Diagnose Herpes zoster und leiteten eine lokale und systemische Therapie mit Aciclovir ein. Während der restlichen zehn Tage des Urlaubs wurde keine analgetische Medikation angewendet.

Wieder zu Hause fingen jedoch zunehmend Schmerzen im Bereich des gut abgeheilten Herpes zoster an.

Die von der Hausärztin dagegen verschriebenen Medikamente - Paracetamol (3 x 500 mg), Metamizol (3 x 25 Tropfen), Diclofenac (3 x 50 mg), Tramadol (3 x 100 mg) und Tilidin (4 x 20 Tropfen) - sowie eine zehnprozentige lokale Benzocain-Salbe brachten jedoch weder einzeln noch in Kombination während der kommenden fünf Wochen eine ausreichende Schmerzlinderung.

  • Was ist nun zu tun?

Unter der Diagnose einer Post-Zoster-Neuralgie werden alle bisherigen Medikamente abgesetzt, da sie offensichtlich nicht ausreichend analgetisch wirken. Die Therapie wird mit retardiertem Oxycodon (Oxygesic®) in einer initialen Dosierung von 2 x 20 mg (in zwölfstündigem Abstand) ersetzt. Darunter bessert sich bereits innerhalb einer Stunde die Schmerzsymptomatik bis auf eine Stärke von VAS 2-4 (festgehalten im Schmerztagebuch). Zudem wird eine Leitungsanästhesie gemacht - gleich beim ersten Besuch und dann noch zweimal im wöchentlichen Abstand.

Auf diesem Niveau bleibt die Schmerzkontrolle allerdings nur jeweils für sieben bis acht Stunden, dann nehmen die Beschwerden wieder bis auf VAS 7-8 zu. Die Dosierung wird daher auf 2 x 40 mg erhöht. Dadurch wird eine gute Schmerzlinderung (VAS 2 bis 3) über zwölf Stunden nach jeder Anwendung erreicht. Eine vorgeschlagene Obstipationsprophylaxe ist selbst unter der hohen Dosis bei der Patientin nicht nötig.

Nach sechs Wochen wird eine Halbierung der Tagesdosis erfolgreich versucht, ohne daß ein Verlust an Wirksamkeit auftritt (VAS 2). Die Patientin ist mit der Therapie sehr zufrieden, sie kann ihren Arm wieder uneingeschränkt bewegen und ist in ihren Aktivitäten nicht mehr behindert. Auch die reaktive Depression ist kaum mehr zu bemerken.

Wenige Wochen später erfolgt auf Bitten der Patientin ein Auslaßversuch. Dieser schlägt zwar fehl, da wieder starke Schmerzen auftreten (VAS 7-8). Aber in der Folgezeit kann die Dosis auf 2 x 10 mg Oxycodon reduziert werden. Mit dieser Dauermedikation wird stabil eine sehr gute Schmerzkontrolle erreicht (VAS 2).



FAZIT

Mehrere Wochen hat die Patientin unter starken Schmerzen durch eine Post-Zoster-Neuralgie gelitten, bevor mit einem stark wirksamen Opioid in Verbindung mit dreimaliger Leitungsanästhesie innerhalb kurzer Zeit praktisch Schmerzfreiheit erreicht werden konnte bei sehr guter Verträglichkeit der Therapie. Zu diesem Zeitpunkt hat vermutlich eine Chronifizierung der Zosterschmerzen schon begonnen.Wird ein stark wirksames Opioid früher verordnet - ein bis zwei Tage nach Auftreten der Symptomatik -, reicht meist eine dreiwöchige Therapie (etwa Oxycodon 2 x 10 oder 2 x 20 mg in Kombination mit Leitungsblockaden), um eine Chronifizierung zu verhindern.

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