Hernien sind oft gar nicht so einfach zu erkennen

MÜNCHEN (wst). Der Leistenbruch ist weltweit die häufigste Indikation für einen chirurgischen Eingriff. Allein in Deutschland werden deswegen jährlich etwa 250 000 Patienten operiert. Trotz der hohen Inzidenz ist die Diagnose Leistenhernie oft nicht einfach zu stellen, vor allem wenn deutliche Schwellungen fehlen. Bei Frauen sollten auch gynäkologische Krankheiten vor einer Operation ausgeschlossen werden.

Veröffentlicht:

Fehlen spezifische klinische Zeichen wie Vorwölbung in der Leiste, wird häufig zunächst vor allem an orthopädische, gynäkologische oder urologische Krankheiten gedacht. Andererseits müssen solche aber ausgeschlossen werden, auch wenn die Diagnose Hernie klar scheint.

Eine Liste von Krankheiten, die ähnliche Symptome wie ein Leistenbruch verursachen können, hat der auf Hernien spezialisierte Chirurg Dr. Helmar Gai von der Klinik Fleetinsel in Hamburg aufgestellt. Gai berichtete darüber auf einem Symposium zum zehnjährigen Bestehen des Münchner Hernienzentrums von Dr. Ulrike Muschaweck in München.

Für die typischen, von der Leistenregion in den Oberschenkel ausstrahlenden Schmerzen bei Leistenbruch kommen auch viele andere Ursachen wie Bandscheibenläsionen, Hüfterkrankungen, Nierensteine, Appendizitis oder andere entzündliche Erkrankungen, Verwachsungen und Nervenleiden im Unterbauch infrage.

Speziell bei Frauen mit Leistenbruch, bei dem keine eindeutige Operationsindikation besteht oder Beschwerden, die nicht eindeutig zuzuordnen sind, empfiehlt Gai vor der chirurgischen Intervention sogar einen laparoskopischen Ausschluß möglicher gynäkologischer Krankheiten wie Endometriosen, Zysten oder hoch schmerzhafte Uterusvarikosen. "Anderenfalls riskieren Sie das gar nicht so seltene Problem fortgesetzter Beschwerden trotz operierter Leiste", warnte Gai auf der von Ethicon unterstützen Veranstaltung.

Leistenschwellungen können außer einem Leistenbruch auch andere Ursachen haben, so der Spezialist. Zu denken sei etwa an Tumoren wie große Lipome oder Atherome.

Um bei Hernien-Verdacht die Diagnose zu sichern und die Indikation für eine Operation zu prüfen, sei die frühzeitige Überweisung zu einem Hernienspezialisten ideal, so Gai.



STICHWORT

Wann operieren?

Nicht jeder Patient mit Leistenhernie muß operiert werden. Abgesehen von der inkarzerierten Hernie, die ein Notfall ist, sei eine Op nur dann zwingend indiziert, wenn bestehende Schmerzen auch mit hoher Wahrscheinlichkeit der Hernie zugeordnet werden können, oder wenn die Gefahr einer akuten Inkarzeration besteht. Darauf weist Dr. Helmar Gai aus Hamburg hin.

Ob ein solches Einklemmungsrisiko gegeben ist, lasse sich im Preßversuch unter Ultraschallkontrolle gut abschätzen, so Gai. Treten auch während eines maximalen Valsalvamanövers keine Darmteile - im Ultraschall anhand der Darmluft gut erkennbar - durch die Bruchpforte, ist keine Operation notwendig. Um eine Änderung der Situation rechtzeitig zu erfassen, sind aber in regelmäßigen Abständen Kontrolluntersuchungen sinnvoll.

Mehr zum Thema

Schwierige Therapiesituation

Kopfschmerzen bei Kindern: Diese Optionen gibt es

Steigende Prävalenz

Kindliche Rückenschmerzen: Eine neue Volkskrankheit?

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Porträts: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

© Portraits: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Die Schilddrüse tickt in jedem Lebensalter anders

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

© Springer Medizin Verlag

Unternehmen im Fokus

Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Advanz Pharma GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Neuer Verschlüsselungsalgorithmus in der TI

gematik verlängert Frist für Austausch der E-Arztausweise

Lesetipps
Mit einer eher seltenen Diagnose wurde ein Mann in die Notaufnahme eingeliefert. Die Ursache der Hypoglykämie kam erst durch einen Ultraschall ans Licht.

© Sameer / stock.adobe.com

Kasuistik

Hypoglykämie mit ungewöhnlicher Ursache

Die Glaskuppel zur Notfallreform: Zustimmung und Zweifel

© undrey / stock.adobe.com

Kolumne aus Berlin

Die Glaskuppel zur Notfallreform: Zustimmung und Zweifel