Muskelschmerz tief im Gesäß kann Ischialgie vortäuschen

Schmerzen im Gesäß mit Ausstrahlung in den Oberschenkel werden häufig vorschnell als Ischialgien bezeichnet. Tatsächlich verbergen sich dahinter aber oft myofasziale Schmerzprobleme oder Fehlstellungen mit Irritation des iliolumbosakralen Bandapparates und nur relativ selten lumbale Nervenwurzelirritationen. Wie myofasziale Beschwerden diagnostiziert werden und was bei der Therapie zu beachten ist, erläutert Dr. Thomas Flöter vom Schmerzzentrum Frankfurt am Main.

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Die Schmerzen bestehen seit einem Jahr. Begonnen haben sie nach einer Familienfeier, bei der die Patientin viele Stunden auf einem für sie recht unbequemen Stuhl sitzen mußte. Trotz mehrerer Krankhausaufenthalte bestehen die Beschwerden fort.

  • Was ist nun zu tun?

Bei der Patientin besteht bereits eine ganze Reihe von Diagnosen: linkskonvexe LWS-Skoliose und Beckenschiefstand, schwere Osteoporose mit Keil- und Fischwirbelbildung Th 11/12, Zustand nach Totalendoprothese der rechten Hüfte.

Die eingehende funktionelle Untersuchung ergibt, daß ein Musculus-piriformis-Syndrom vorliegt, gekennzeichnet durch Triggerpunkte in den M. piriformis und M. glutaeus minimus mit pseudoradikulärer Ausstrahlung, Kompression des N. ischiadicus und Blockierung des rechten Iliosakralgelenkes.

Die Behandlung der Patientin ist wegen des nach einem Jahr bereits chronischen Schmerzzustandes schwierig und langwierig: Es werden Kältespray und Dehnungstechniken angewendet sowie eine komplexe Elektrotherapie der gesamten betroffenenen Region kombiniert mit einer therapeutischen Lokalanästhesie der Triggerpunkte des M. piriformis.

Später wird die Patientin in die Selbstbehandlung mit TENS eingewiesen, die Dehnungsübungen werden zuhause fortgesetzt. Die Patientin erhält zudem den Rat, längeres Sitzens konsequent zu vermeiden und nur auf der gesunden Seite mit einem großen Kissen zwischen den Beinen zu schlafen.

Von Beginn an ist außerdem eine effektive medikamentöse Schmerztherapie notwendig, um Krankengymnastik und Dehnungsübungen bei der Patientin überhaupt zu ermöglichen. Die anfängliche Therapie mit NSAR wird wegen Magenbeschwerden und mangelnder Wirksamkeit abgebrochen.

Unter der Therapie mit einem Opioid der WHO-Stufe 2 (erst 100 mg Valoron® N retard, später 150 mg alle acht Stunden) kommt es schließlich zu einer langsamen, schrittweisen Besserung der Beschwerden. Diese Behandlung zieht sich insgesamt über ein halbes Jahr hin.

Dann kann die Medikation auf zweimal 50 mg reduziert und nach einem weiteren Vierteljahr ganz abgesetzt werden.

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