"Biofeedback-Therapie ist bei chronischen Schmerzen wirksam"

HAMBURG (nie). Bei chronischen Schmerzen, vor allem bei Migräne und Rückenschmerzen, haben sich Biofeedback-Therapien als wirksam erwiesen. "Bei den richtigen Indikationen schlägt die Therapie bei 70 bis 80 Prozent der Patienten an", sagt der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Biofeedback (DGBfb), Dr. Jörg Heuser.

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Die Biofeedback-Therapie ist ein Verfahren der Verhaltenstherapie, bei der physiologische Prozesse, die sonst unbewußt ablaufen, dem Patienten sichtbar gemacht werden. Durch Rückmeldung (Feedback) können die Vorgänge dann vom Patienten gezielt beeinflußt und im besten Fall gesteuert werden.

Beispiel Rückenschmerz: Der Patient bekommt Sensoren an verschiedene Muskelgruppen angesetzt, die durch Kabel mit einem Computer verbunden werden. Spannt sich eine Muskelpartie an, wird ein Elektrosignal an den Computer gesendet, der dieses Signal entweder optisch als Kurven oder Grafiken oder akustisch als Töne umsetzt.

Spannen sich die Muskeln zu stark an, wird dies dem Patienten durch einen unangenehmen Klingelton oder durch einen roten Balken in der Grafik angezeigt. "Dann muß der Patient versuchen, seine Muskelaktivität zu reduzieren", erklärte Professor Winfried Rief, Leiter der Abteilung Psychologie und Psychotherapie der Universität Marburg. Dafür müsse der Patient Strategien entwickeln und ausprobieren.

Auf dem Computer kann er mitverfolgen, ob seine Versuche erfolgreich sind. Der Arzt unterstütze den Patienten lediglich dabei. "Für einen Patienten ist die Erfahrung entscheidend, daß er etwas gegen sein chronisches Leiden tun kann und nicht hilflos den Symptomen ausgesetzt ist", sagte Rief auf der 6. Jahrestagung der DGBfb in Hamburg. In der Regel brauche ein Patient für eine Behandlung acht bis neun Sitzungen.

Therapien mit Biofeedback hätten sich außer bei chronischen Schmerzen auch bei Kindern mit ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit / Hyperaktivitäts-Syndrom), bei Epilepsie, Inkontinenz, Angst- und posttraumatischen Störungen sowie Schlafstörungen als effektiv erwiesen, so Heuser. Studien weisen zudem auf vielversprechende Ergebnisse von Biofeedback bei chronischem Tinnitus hin.

"Eine erste Studie mit 43 Patienten mit chronischem Tinnitus hat ergeben, daß diese nach der Therapie seltener an den Klingelton in ihren Ohren dachten als zuvor", sagte Rief. Zudem lösten sich bei den Patienten Muskelverspannungen, die durch die chronischen Ohrgeräusche ausgelöst worden waren.

Erfolgversprechend sind auch Ergebnisse mehrerer Studien der Universität Marburg, in denen die Wirkung der Biofeedback-Therapie beim Reizdarmsyndrom und bei chronischer Obstipation untersucht wurde.

Die Biofeedback-Therapie wird in Deutschland von etwa 200 Ärzten und Psychotherapeuten angeboten. Die meisten Biofeedback-Therapeuten sind im Süden Deutschlands und in den Großstädten vertreten, in Ost-deutschland gibt es dagegen bisher kaum Anwender des Biofeedbacks.

Die Sitzungen kosten jeweils zwischen 80 und 110 Euro und können als IGeL abgerechnet werden. Die Anschaffungs- und Ausbildungskosten für Ärzte und Psychotherapeuten belaufen sich auf etwa 17 000 Euro.

Mehr Infos auf der Homepage der Gesellschaft: www.dgbfb.de

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