Langzeit-Analgesie stets mit Retard-Opioid
FRANKFURT AM MAIN (mar). Patienten mit starken oder sehr starken chronischen Schmerzen benötigen eine effiziente Langzeit-Analgesie mit Opioid-Analgetika. Bei der oralen Therapie sind Retard-Opioide Mittel der Wahl. Favorisiert wird die ein- oder zweimal tägliche Einnahme.
Die Anwendung lang wirksamer oraler Retard-Opioide hat mehrere Vorteile: Damit lassen sich weitgehend gleichmäßige Wirkstoffspiegel im Plasma erzielen. Somit wird auch das Auftreten unerwünschter Wirkungen minimiert. Diese treten meist in der Anflutungsphase der Substanz zwei bis drei Stunden nach der Einnahme auf, sagt Professor Friedemann Nauck, Palliativmediziner am Uniklinikum Göttingen.
Außerdem ist nach den Erfahrungen von Schmerzexperten die Compliance bei geringer Einnahmefrequenz höher. Denn die Präparate müssen streng nach der Uhr - immer zur gleichen Tageszeit - eingenommen werden, um eine ausreichende Linderung aufrecht zu erhalten.
Bei vielen Patienten lassen sich unerwünschte Begleitwirkungen wie Müdigkeit allerdings auch gezielt für die Therapie nutzen, erläuterte Nauck bei einem Expertentreffen in Frankfurt am Main, zu dem das Unternehmen SocraTec CSC eingeladen hatte.
So empfiehlt der Experte zum Beispiel für Palliativpatienten die zweimal tägliche Einnahme eines Retard-Opioids morgens um 10 Uhr und abends um 22 Uhr. Die zwei bis drei Stunden später einsetzende Müdigkeit beeinträchtige die Patienten tagsüber insofern nicht, da diese dann zu einem Zeitpunkt eintrete, wenn die Patienten sowieso ihren Mittagsschlaf halten. Und durch die spätabendliche Einnahme werde das Ein- und Durchschlafen verbessert, erläuterte Nauck bei der von Janssen-Cilag unterstützten Veranstaltung. Allerdings sei diese für Palliativpatienten vorteilhafte Begleitwirkung "Müdigkeit" für andere Schmerzpatienten eher kontraproduktiv. Hierzu gehören Menschen mit chronischen Schmerzen, die tagsüber aktiv sein oder auch wieder arbeitsfähig werden wollen, etwa Patienten mit chronischen Rückenschmerzen. Hier komme es besonders auf eine möglichst gute Verträglichkeit über 24 Stunden an. Die Experten waren sich daher einig, dass bei der Wahl der geeigneten Retardformulierung die Ziele der Patienten immer berücksichtigt werden sollten.
Die gleichmäßigste Freisetzung und somit die flachsten Plasmaspiegel über 24 Stunden bieten derzeit Retardtabletten für die einmal tägliche Einnahme, die die OROS-Galenik (Orales Osmotisches System) nutzen, wie Professor Werner Weitschies vom Institut für Biopharmazie und Pharmazeutische Technologie der Universität Greifswald sagte. OROS wird bereits bei verschiedenen Wirkstoffen angewandt. Das Unternehmen Janssen-Cilag bietet etwa Hydromorphon in dieser Formulierung als Jurnista® an.
STICHWORT
OROS-Galenik
Bei der OROS-Galenik wird der Wirkstoff durch Osmose freigesetzt: Nach Einnahme der Retardtablette, die unabhängig von der Nahrungsaufnahme erfolgen kann, löst sich die umgebende Schutzschicht auf. So kann der im Inneren der Tablette liegende Quellkörper Wasser aufnehmen. Auf diese Weise wird die über dem Quellkörper liegende Substanz Hydromorphon durch eine semipermeable Hülle, die eine kontinuierliche Freisetzung gewährleistet, nach außen gedrückt. (mar)