Migräne - Beratung von Patienten zahlt sich aus
BERLIN (ami). Ein integriertes Behandlungskonzept für Migränepatienten erzielt nach Angaben des leitenden Arztes des Kopfschmerzzentrums am Sankt Gertrauden Krankenhaus in Berlin deutliche Erfolge.
Veröffentlicht:Bei zwei Dritteln der Patienten konnte die Zahl der Kopfschmerztage pro Monate nach Angaben von Privatdozent Dr. Thomas-Martin Wallasch von im Schnitt zehn auf weniger als fünf gesenkt werden. 1000 Patienten hat das Kopfschmerzzentrum im vergangenen Jahr in dem Integrationsmodell betreut. Partner sind die KKH, die DAK und verschiedene Betriebskrankenkassen.
Die insgesamt einwöchige interdisziplinäre Behandlung durch Neurologen, Anästhesisten, Allgemeinmediziner, Psychologen und Physiotherapeuten erfolgt entweder ambulant, teilstationär oder stationär. Sie umfasst außer einem Aufklärungsgespräch und der medikamentösen Neueinstellung auch das Erlernen von Entspannungstechniken wie progressive Muskelrelaxation und autogenes Training. Bei der Nachbetreuung der Patienten arbeiten niedergelassene Fachärzte mit schmerztherapeutischer Qualifikation mit. Das Netz dieser Ärzte soll nun über Berlin hinaus nach Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen ausgedehnt werden.
Bei vielen Patienten zeigte sich Wallasch zufolge bereits nach dem vierstündigen Aufklärungsgespräch ein Nutzen. Unter anderem erklären die Ärzte den Patienten den richtigen Umgang mit Schmerzmitteln, damit sie keinen Dauerkopfschmerz bekommen. Viele Patienten würde nach dieser Beratung auch ihren Medikamentenkonsum einschränken, so Wallasch.
Der Neurologe, Psychiater und Verhaltenstherapeut kritisiert, dass das Arzt-Patienten-Gespräch in der Regelversorgung meist zu kurz kommt. "Das Gespräch wird nicht angemessen vergütet. Es ist für Hausärzte unmöglich, einen ganzen Vormittag lang mit ihren Patienten zu sprechen", sagte Wallasch. Die am IV-Projekt beteiligten Ärzte bekommen verschiedene Pauschalen. Auch für Zuweisung und Nachsorge gibt es zusätzliches Honorar.
STICHWORT
Epidemiologie
Die Prävalenz der Migräne beträgt bei Kindern etwa zwei bis vier Prozent, beide Geschlechter sind im gleichen Ausmaß betroffen. Nach der Pubertät beträgt die Prävalenz der Migräne bei Frauen etwa 12 bis 14 Prozent und sieben bis acht Prozent bei Männern. Bei Frauen beginnt die Migräne meist kurz nach der Pubertät, bei Männern zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr.
Ein erstmaliges Auftreten von Migräneattacken nach dem 45. Lebensjahr ist selten und sollte unbedingt eine erweiterte Diagnostik nach sich ziehen.