Die richtige Arznei bei Rückenschmerzen

Heute (15. März) ist Tag der Rückengesundheit. Das Motto lautet: "Rückengesund - in jedem Alter!". Ist eine Therapie erforderlich, stehen vielfältige konservative Maßnahmen zur Verfügung, darunter auch eine breite Palette an Medikamenten.

Veröffentlicht:
Schmerzen im Rücken - bei vielen Patienten werden sie chronisch.

Schmerzen im Rücken - bei vielen Patienten werden sie chronisch.

© robert kneschke / fotolia.com

NEU-ISENBURG (eb). Medikamente sind nur eine von vielen Behandlungsmöglichkeiten bei Rückenschmerzen.

In der Regel handelt es sich um eine symptomatische Schmerztherapie, so Privatdozent Dr. Peter Schöps vom Klinikum Harlaching und Professor Dr. Jan Hildebrandt von der Universitätsmedizin Göttingen (MMW - Fortschritte der Medizin 2011; 47: 47-49).

Andererseits haben Medikamente auch Effekte auf Entzündungsmechanismen, Muskelverspannungen und Neurotransmitterveränderungen sowie auf zentrale Sensibilisierungsvorgänge. Die wichtigsten Substanzgruppen sind nach Angaben der Experten:

Nicht-Opioidanalgetika: Hierzu gehören außer Paracetamol auch NSAR. Von den NSAR sollten Substanzen mit möglichst geringer gastrointestinaler Toxizität (z. B. Ibuprofen, Diclofenac) bevorzugt werden, empfehlen die Experten.

Außerdem raten Schöps und Hildebrandt zur engmaschigen Überwachung von Gastrointestinaltrakt (Cave: mehr asymptomatische Ulzera, vor allem bei Frauen) und Nierenfunktion vor allem im höheren Alter. Bei gastrointestinalen Risiken plädieren sie für die Kombination mit einem Protonenpumpenhemmer.

Und bei gleichzeitiger Einnahme von Sulfonylharnstoffen sollte der Blutzucker kontrolliert werden. Bei einer Langzeittherapie sind regelmäßige Blutbildkontrollen sinnvoll. Die Coxibe (Celecoxib, Etoricoxib) werden bei Rückenschmerzen nur als Alternative zu den NSAR bei Patienten mit gastrointestinalem Risiko eingesetzt.

Ulzera oder entzündliche Magen-Darmerkrankungen gelten jedoch auch hier als Kontraindikation.

Opioidanalgetika: Die Datenlage zur Wirksamkeit von Opioiden bei akuten Rückenschmerzen ist unzureichend. Zur Therapie bei chronischen Kreuzschmerzen gibt es nur wenige, vor allem mit schwach wirkenden Opioiden durchgeführte placebokontrollierte Studien, die eine Schmerzreduktion belegen.

Bei auf andere Analgetika refraktären Rückenschmerzen oder bei Unverträglichkeit anderer Analgetika können Opioide gegeben werden. Eine Reevaluation der Opioidtherapie soll bei akuten Rückenschmerzen nach spätestens vier Wochen, bei chronischen nach spätestens drei Monaten erfolgen.

Tritt die gewünschte Schmerzlinderung/Funktionsverbesserung nicht ein, ist die Fortsetzung der Opioidtherapie kontraindiziert. Wegen des Abhängigkeitspotenzials sollten Opioide mit langsamem Wirkungseintritt bevorzugt werden, raten die Experten.

Außerdem sollten sie nach einem festen Zeitschema gegeben werden ("rund um die Uhr"). Und Dosiserhöhungen, die nicht zu anhaltend verbesserter Wirkung führen, sollten wieder rückgängig gemacht werden. Opioide dürfen nicht während oder innerhalb von 14 Tagen nach Beendigung einer Therapie mit MAO-Hemmstoffen eingesetzt werden.

Und bei gleichzeitiger Anwendung von Tramadol und Cumarin-Derivaten raten die Experten zu einer sorgfältigen Überwachung (verminderte Quick-Werte und Ekchymosen beobachtet). Wichtig ist auch die Obstipationsprophylaxe: Diät, Mobilisierung, Flüssigkeit, gegebenenfalls Laxanzien.

Muskelrelaxanzien: Zugelassen für die Schmerztherapie sind zentrale Muskelrelaxanzien (Myotonolytika) mit zentral dämpfender Wirkung, die über die Senkung des Muskeltonus die Skelettmuskulatur entspannen.

Dazu gehören: Methocarbamol (insbesondere bei Lumbago), Orphenadrincitrat, Tetrazepam und Tizanidin. Günstige Wirkungen von Myotonolytika wie Schmerzlinderung beim Rückenschmerz sind belegt.

Muskelrelaxanzien sollten aufgrund ihrer Nebenwirkungen wie Benommenheit oder Abhängigkeit, der reversiblen Beeinträchtigung der Leberfunktion und gastrointestinalen Komplikationen mit Bedacht eingesetzt werden, raten die Experten. Und sie sollten bei Rückenschmerzen nicht länger als zwei Wochen fortlaufend angewendet werden.

Antidepressiva: Die Wirksamkeit von NSMRI (nicht selektive Monoamin-Rückaufnahme-Inhibitoren, früher trizyklische Antidepressiva, TZA) ist für viele chronische Schmerzzustände nachgewiesen. Derzeit sind Amitriptylin, Clomipramin, Imipramin und Trimipramin für die langfristige Schmerztherapie im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzepts zugelassen.

Die Experten raten dazu, Antidepressiva vom SSNRI-Typ (Serotonin-/Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer) schwerpunktmäßig bei indikationsrelevanter Komorbidität (schwere Depression, Angststörung) einzusetzen.

MAO-Hemmer vom irreversiblen Hemmtyp sollten mindestens 14 Tage vor einer Therapie mit Amitriptylin abgesetzt werden. Bei gleichzeitiger Clonidin-Gabe besteht die Gefahr einer Rebound-Hypertension. Bei arterieller Hypertonie sollten Antihypertensiva mit anderen Wirkmechanismen wie etwa Diuretika, Vasodilatatoren oder Betablocker gegeben werden.

Antikonvulsiva: Zur Schmerztherapie zugelassen sind zur Zeit Gabapentin bei peripheren neuropathischen Schmerzen und Pregabalin bei neuropathischen Schmerzen (z. B. diabetische Neuropathie, postherpetische Neuralgie). Bei nicht spezifischen Rückenschmerzen sind sie wirkungslos.

Quelle: www.springermedizin.de

Schlagworte:
Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“