Schulterluxation: Tricks helfen bei Diagnostik

MÜNCHEN (ner). Klagen Patienten nach epileptischen Anfällen, nach Defibrillationen oder Stromunfällen über persistierende Schulterschmerzen, kann es sich um eine hintere Schulterluxation handeln. Diese Verletzung wird bei vier von fünf Patienten zunächst übersehen. Bei der schwierigen Diagnostik helfen ein paar Eselsbrücken.

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Die Diagnose einer hinteren Schulterluxation ist besonders bei adipösen und muskulösen Patienten schwer zu stellen. Darüber berichtet die Chirurgin Dr. Sandra Sommerey aus München. Klinisch auffällig ist bei der Erkrankung die Hinkelstein-Haltung, schreibt Sommerey von der LMU München (Orthopädie & Rheuma 6, 2006, 40).

Dieser Begriff beschreibt die Haltung der Comicfigur Obelix, der einen Hinkelstein* auf dem Rücken trägt, und zwar mit innenrotiertem und adduziertem Arm - der typischen Schonhaltung bei Schulterverletzungen. Die Patienten können den Oberarm allenfalls eingeschränkt nach außen drehen und abduzieren. Teilweise ist es ihnen unmöglich, den Arm aus der "Hinkelstein-Position" heraus zu bewegen, wie Sommerey berichtet. Bei schlanken, nicht zu muskulösen Patienten sei die leere Gelenkpfanne von ventral aus tastbar.

Diagnose lässt sich durch Röntgenaufnahmen stellen

Die Diagnose der hinteren Schulterluxation lässt sich in der Regel durch Röntgenaufnahmen stellen. Allerdings: Auf dem Röntgenbild erkennt der Ungeübte kaum eine hintere Schulterluxation. Bedient man sich jedoch visueller Hilfsmittel wie dem Glühbirnen- oder Eistüten-Zeichen auf den anterior-posterioren Aufnahmen, fällt es leichter. So projiziert sich beim Glühbirnen-Zeichen das Tuberculum majus wegen der Verdrehung des Oberarmes in den Humeruskopf hinein, was an den Glühdraht einer Glühbirne erinnert.

Achten kann man auch auf den "Mercedes-Stern" und den "Hasenkopf" im transskapulären Strahlengang (Skapula-Tangentialaufnahme). An der gesunden Schulter liegt der Kreuzungspunkt des Y aus Akromion, Skapula und Processus coracoideus in der Glenoidalpfanne. Zeichnet man diese Strukturen nach, erkennt man einen "Mercedes-Stern". Bei einer hinteren Schulterluxation ist dieser nicht mehr erkennbar. Ebenso verhält es sich mit dem "Hasenkopf", dessen zwei "Ohren" normalerweise vom Akromion und Processus coracoideus gebildet werden. Im Falle der hinteren Schulterluxation erscheinen die Hasenohren versetzt.

Bei Patienten mit fortbestehenden Beschwerden nach Schulterprellung oder zum Nachweis zusätzlicher Knochenfrakturen, zum Beispiel eines Tuberkulum-majus-Abrisses, ist durchaus auch die Computertomografie indiziert, wie die Münchner Chirurgin meint.

*Hinkelstein: Der Begriff stammt aus dem rheinhessischen Volksmund und bezeichnet einen Monolithen (Menhir), aus denen Hünengräber gebaut oder die als Steinreihen aufgerichtet wurden. In den Zeichentrickfilmen "Asterix und Obelix" trägt Obelix einen solchen Stein auf dem Rücken, und zwar mit gestreckten und nach innen rotierten Armen.



STICHWORT

Hintere Schulterluxation

In Deutschland passieren jährlich etwa 13 600 Schulterluxationen. Der Anteil dorsaler Schulterluxationen beträgt lediglich 1,7 bis 7 Prozent, wie Dr. Sandra Sommerey aus München berichtet. Die hintere Luxation ist meist Folge indirekter Gewalteinwirkung, etwa bei generalisierten Muskelkrämpfen. An der Schulter überwiegt dann die Kraft der Innenrotatoren, so dass der Oberarmknochen maximal nach innen gedreht wird und der Gelenkkopf nach hinten aus der Pfanne tritt. Ein anderer Mechanismus ist die direkte Gewalteinwirkung bei Autounfällen, wenn sich ein Autofahrer im Moment des Aufpralls noch am Lenkrad abzustützen versucht. (ner)

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