Eine Maschine lernt laufen

Maschinenbeine, die den menschlichen Gang simulieren - das haben jetzt Ingenieure aus den USA ausgetüftelt. Die Erfindung soll nicht nur der Grundlagenforschung zugute kommen.

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Künstliche Beine marschieren wie Menschen. Deren Gang wird vom Rückenmark unabhängig vom Gehirn gesteuert.

Künstliche Beine marschieren wie Menschen. Deren Gang wird vom Rückenmark unabhängig vom Gehirn gesteuert.

© iop

TUCSON (eb). US-Forscher haben Roboterbeine konstruiert, die nach ihren Angaben erstmals in biologisch korrekter Art und Weise marschieren.

Mit dieser Innovation wollen sie Erkenntnisse gewinnen darüber, wie Babies laufen lernen und wie man die Rehabilitation von Patienten nach Rückenmarkverletzungen fördern könnte.

Die Nervenübertragung, die Architektur von Muskeln und Knochen und die sensorischen Rückkoppelungswege bei Menschen seien vereinfacht und dem Roboter eingebaut worden, berichten die Forscher aus Tucson/Arizona (Journal of Neural Engineering 2012, online 5. Juli).

So sei ein bemerkenswert natürlicher Gang entstanden, den sich Interessierte auch in einem Video auf You Tube anschauen können.

Wegen der biologischen Genauigkeit des Roboters können die Ingenieure nun die Prozesse studieren, die sich beim Gehen abspielen.

Weiterhin seien sie nun imstande, Theorien abzuleiten, wie Kleinkinder den aufrechten Gang erlernen und wie Patienten mit Traumata des Rückenmarks ihre Gehfähigkeit wiedererlangen.

Ein Nervenknoten steuert das Gehen selbstständig

Ein Schlüsselelement beim menschlichen Gang ist der zentrale Mustergenerator (ZMG, im Englischen central pattern generator CPG), wie die Wissenschaftler erläutern. So bezeichnet man in der Neuroanatomie eine spezielle Ansammlung von Nervenzellen im Rückenmark.

Dieser Nervenknoten ist in der Lage, selbstständig rhythmische Muskelzuckungen zu veranlassen und so kontinuierliche Bewegungen wie Gehen, Schwimmen oder Radfahren zu steuern.

Bei dem ZMG handelt es sich um ein Netz von Neuronen in der Lumbarregion des Rückenmarks, das Informationen über die Umgebung aus verschiedenen Teilen des Körpers sammelt und verarbeitet.

So wird es Menschen möglich, gleichmäßig zu gehen, und zwar unbewusst und automatisch, ohne dass sie über den Ablauf der Schritte nachdenken müssen.

Die Besonderheit dieser zentralen Aktivitätsmustergeneratoren liegt darin, dass sie nicht wie andere Nervenzellen immer wieder von einem übergeschalteten Hirnzentrum aktiviert werden müssen.

Nur zum Start ist eine Aktivierung erforderlich

Stattdessen entsenden sie nach einer Startaktivierung selbstständig in regelmäßiger Abfolge Aktionspotentiale. Die rhythmischen Bewegungen beruhen auf der alternierenden Aktivierung von Flexoren und Extensoren der entsprechenden Körperareale.

Die einfachste Form des ZMG besteht aus nur zwei Neuronen, die abwechselnd feuern (half-centre oscillator) und so einen Rhythmus herstellen.

Zusätzlich zu einem derartigen Oszillator ist der Roboter mit Belastungssensoren ausgestattet, die Kräfte im Bein erspüren, etwa wenn es gegen eine Unterlage gedrückt wird.

Interessanterweise sei es gelungen, den menschlichen Gang mit nur einer solchen einfachen Oszillator-Grundeinheit zu imitieren. Sie kontrolliert die Hüften und ein Set von Reflexen, der wiederum die unteren Gliedmaßen lenkt.

Nach Ansicht der Forscher entspricht diese einfache Anordnung des Roboters der Situation bei Babies, wenn sie gerade mit dem Gehen beginnen. Erst im Lauf der Zeit eigneten sich die Kinder dann ein komplexeres Gangmuster an.

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