Osteoporose-Therapie beginnt oft erst nach mehreren Brüchen

BERLIN (ugr). Mit einem eindringlichen Appell zu mehr Bewegung haben Experten auf die steigende Gefahr von Osteoporose-Erkrankungen hingewiesen. "Wer sich nicht bewegt, erkrankt zwangsläufig an Knochenschwund", sagte Dr. Jutta Semler aus Berlin, Initiatorin der Nationalen Initiative gegen Osteoporose (NIO), beim gemeinsamen Kongreß der Orthopäden und Unfallchirurgen in Berlin.

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In Deutschland sind etwa vier bis sechs Millionen Menschen an Osteoporose erkrankt, mit stark steigender Tendenz. Die Folgen: Alle sieben Minuten kommt es zu einer Wirbelkörperfraktur.

Und der Schenkelhalsbruch steht nach Angaben im Statistischen Jahrbuch von 2000 mit 2,5 Millionen Krankenhausbettentagen an zweiter Stelle der Statistik: nach Diabetes, aber weit vor dem Myokard-Infarkt oder Mammakarzinom.

Bewegungsmangel, Ernährungsfehler und eine älter werdende Gesellschaft sind wesentliche Gründe für den ungebremsten Anstieg der Osteoporoserate mit all ihren Folgen.

Der Primärprävention komme große Bedeutung zu, so Dr. Semler bei einer aus Anlaß des Welt-Osteoporose-Tages ausgerichteten Pressekonferenz. Auch Kinder und Jugendliche müßten zu mehr Bewegung und gesunder Ernährung motiviert werden.

Aber auch die Therapie der bereits an Osteoporose Erkrankten dürfe nicht in Vergessenheit geraten, mahnte die Chefärztin am Immanuel-Krankenhaus in Berlin. Semler: "Die eigentlichen Probleme liegen in der Unter- und Fehlversorgung von vielen Osteoporose-Patienten, die oft erst eine Kaskade von Knochenbrüchen erleiden müssen, bis sie eine wirksame Behandlung erfahren."

Weniger als ein Viertel der Osteoporose-kranken Frauen und Männer in Deutschland werden derzeit rechtzeitig erkannt und medizinisch angemessen behandelt, klagte auch Professor Rita Süssmuth, Ministerin a. D. und Schirmherrin der NIO.

"Osteoporose wird in Deutschland meist erst wahrgenommen, wenn bereits folgenschwere Knochenbrüche aufgetreten sind", so Süssmuth. Über 75 Prozent der Betroffenen erhielten, wenn überhaupt, erst spät eine wirksame Therapie. Einen wesentlichen Grund hierfür sieht Süssmuth darin, daß die gesetzlichen Krankenkassen die Knochendichtemessung zur Diagnose der Osteoporose erst nach der ersten Fraktur bezahlen.

Daß Osteoporose längst keine Krankheit mehr ist, die nur alte Frauen betrifft, belegen aktuelle Zahlen aus dem Immanuel-Krankenhaus in Berlin. Semler: "Wir untersuchen 8000 Osteoporose-Patienten pro Jahr. Davon sind etwa 40 Prozent Männer mit einem Durchschnittsalter von 43 Jahren. Wir sehen sogar junge Männer von Anfang 20, die sich mit einem runden Rücken mühsam über den Flur schleppen."

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