Coxibe lassen nicht nur den Magen, sondern auch den Darm in Ruhe

SCHWETZINGEN (slp). Vor allem Patienten mit hohem Risiko für gastrointestinale Komplikationen sollten, wenn sie eine analgetisch-antiphlogistische Therapie brauchen, statt eines klassischen NSAR plus Protonenpumpenhemmer (PPI) ein Coxib erhalten. Der Grund: Der PPI hat zwar im Magen eine mukosaschützende Wirkung, diese entfällt jedoch im Dünn- und Dickdarm.

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Schleimhautschäden durch klassische NSAR enden nicht am Treitzschen Band, also am Übergang Duodenum zum Jejunum, wie Professor Bernd Simon vom Kreiskrankenhaus Schwetzingen gesagt hat. "Wir müssen immer wieder daran denken, daß auch die Mukosa des Dünn- und Dickdarms durch NSAR angegriffen wird", so der Gastroenterologe bei einer Veranstaltung von Pfizer in Schwetzingen.

PPI hätten im Magen eine schützende Wirkung, weil dort Säure produziert wird. Im Dünndarm aber entfalle dieser Effekt. Daher plädiert Simon aufgrund der bisher vorliegenden Daten dafür, bei Patienten mit hohem Risiko für gastrointestinale Komplikationen besser ein Coxib anstelle eines klassischen NSAR plus PPI zu verordnen.

Als Hochrisikopatienten gelten den britischen NICE (National Institute for Clinical Excellence) -Kriterien zufolge Menschen, die dauerhaft hohe NSAR-Dosen brauchen, also etwa RA-Kranke, die älter als 65 Jahre sind, Arzneien wie Steroide oder Antikoagulantien bekommen, bereits Magen-Darm-Komplikationen hatten oder ernsthafte Begleiterkrankungen wie Diabetes haben.

Einen großen Fortschritt bei der Dünndarm-Diagnostik sieht Simon in der Videokapsel-Endoskopie. Durch sie ist es möglich geworden, endoskopische Bilder des gesamten Dünndarms zu gewinnen und die Auswirkungen klassischer NSAR auf die dortige Mukosa zu untersuchen.

So hat zum Beispiel eine Kapselendoskopie-Studie mit etwa 400 gesunden Probanden ergeben, daß eine zweiwöchige Einnahme von 200 mg Celecoxib (Celebrex®) deutlich weniger Dünndarmläsionen verursacht als die ebenso lange Einnahme von zweimal 500 mg Naproxen plus 20 mg Omeprazol. Mit der Videokapselkamera untersucht wurde vor der Einnahmephase und kurz danach (wir berichteten).

Die Inzidenz von Mukosaläsionen im Dünndarm lag mit dem Coxib bei 16 Prozent, mit der Kombitherapie bei 55 Prozent, wie Simon berichtet hat. "Die Läsionen waren etwa Erosionen, Strikturen, Ulzera oder Blutungen."

Eine ähnliche Studie soll nach Angaben des Gastroenterologen bald auch an mehreren europäischen Zentren mit Celecoxib und Diclofenac plus PPI gemacht werden.

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