EU-Rheumaliga präsentiert erste Leitlinie zu Gicht

WIEN (gvg). Akuttherapie und Prophylaxe der Gicht sind Ärzten in der Regel geläufig und werden wenig hinterfragt. Die erste europäische Leitlinie zur Gicht bestätigt das, was wohl die meisten tun. Sie gibt aber auch ein paar Extratipps.

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Insgesamt ist die Studienlage bei Gicht nicht besonders gut, wie mehrere Vertreter der Leitlinienkommission der Europäischen Rheumaliga EULAR in Wien angemerkt haben. Das gelte vor allem für die Rezidivprophylaxe. Die Leitlinie empfiehlt, basierend auf Expertenmeinung, bei schwerer Gicht mit wiederholten Anfällen den Serumgehalt an Harnsäure im anfallsfreien Intervall medikamentös zu senken.

Als Mittel der Wahl wird Allopurinol angegeben. Dessen Dosis sollte - beginnend mit 100 Milligramm pro Tag - langsam gesteigert werden, bis der Harnsäuregehalt im Serum etwa die Hälfte dessen beträgt, was das jeweilige Labor als Norm angibt. Die Dosis sollte alle zwei bis vier Wochen um je 100 Milligramm erhöht werden.

Wenig Einigkeit besteht darüber, ob eine Allopurinol-Dauertherapie bereits nach dem ersten Gichtanfall gerechtfertigt ist, wie Professor Michael Doherty aus Großbritannien betont hat. Die Leitlinienautoren legten sich in Wien in diesem Punkt nicht fest.

Colchicin wird in niedriger Dosis besser vertragen

Die Empfehlungen in der Akuttherapie für hochdosiertes Colchicin (maximal acht Milligramm am Tag) beruhen auf den Ergebnissen von mindestens einer randomisierten, kontrollierten Multicenterstudie. Es gebe Hinweise, daß niedrigdosiertes Colchicin - dreimal 0,5 Milligramm am Tag - ausreichen könne, so die Autoren. Die Toxizität des vor allem wegen der Durchfälle gefürchteten Colchicins ist bei dieser Dosis geringer.

In den ersten vier Wochen nach einem Anfall sollte die Therapie mit 0,5 bis 1 Milligramm Colchicin pro Tag erfolgen - eine Empfehlung auf der Grundlage der Ergebnisse mindestens einer gut geplanten randomisierten kontrollierten Studie. Oder die Therapie sollte mit einem nicht-steroidalen Antirheumatikum gemacht werden. Diese Empfehlung stützt sich auf die Ergebnisse mindestens einer gut geplanten, kontrollierten klinischen Studie ohne Randomisierung.

Auf einen interessanten Aspekt macht die Leitlinie bei Gichtpatienten aufmerksam, die begleitend eine Hypertonie oder eine Hyperlipidämie haben. Sowohl für das Antihypertensivum Losartan als auch für den Lipidsenker Fenofibrat sei bekannt, daß der Harnsäuregehalt im Blut gesenkt werde.

Die Empfehlung zu Losartan beruht auf den Ergebnissen mindestens einer gut geplanten, quasi experimentellen Studie, etwa eine Fallkontrollstudie oder ein historischer Vergleich. Für Fenofibrat gibt es mindestens eine randomisierte, kontrollierte Multicenterstudie.

Beide Substanzen könnten damit eine Alternative zu dem oft nicht vertragenen Allopurinol darstellen, so die Autoren der Leitlinie. Die Medikamente sind jedoch für diese Indikation nicht zugelassen, deswegen die ausdrückliche Betonung der Begleiterkrankung.

Die Leitlinie soll nach der endgültigen Abstimmung im Internet auf der EULAR-Webseite unter der Adresse www.eular.org verfügbar sein.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Hoffnungsvoller Anfang

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