Rheumatoide Arthritis

Blick nur auf die Gelenke reicht nicht

Das Motto des diesjährigen Internistenkongresses "Innere Medizin - vom Organ zum System" vom 6. bis 9. April in Wiesbaden passt gut zur Rheumatologie, sagt Kongress-Präsidentin Professor Elisabeth Märker-Hermann. So hat etwa die Rheumatoide Arthritis erhebliche Konsequenzen für Herz und Gefäße.

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Prof. Elisabeth Märker-Hermann

Blick nur auf die Gelenke reicht nicht

© DGIM

Position: Chefärztin der Klinik Innere Medizin IV der Dr.-Horst-Schmidt-Kliniken, Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Mainz, Wiesbaden

Klinische und wissenschaftliche Schwerpunkte: u.a.: M. Bechterew, andere HLA-B27-assoziierte Erkrankungen, Arthritis psoriatica, Rheumatoide Arthritis, Immunologische Erkrankungen, Genetik und Infektionen, SLE und Vaskulitiden

Infos zum Internistenkongress 2013: www.dgim2013.de

Das Interview führte Thomas Meißner

Ärzte Zeitung: Mit neuen Therapiemöglichkeiten haben sich in den vergangenen Jahren auch die Behandlungsziele in der Rheumatologie geändert. Was sind für Sie, Frau Professor Märker-Hermann, die wichtigsten neuen Erkenntnisse und Entwicklungen der vergangenen Jahre auf diesem Feld?

Prof. Elisabeth Märker-Hermann: Ich würde drei Bereiche benennen. An erster Stelle die kontinuierliche Erweiterung des Spektrums therapeutischer Möglichkeiten für Patienten mit Rheumatoider Arthritis.

Seit 13 Jahren stehen uns die Biologika zur Verfügung. Die neueren Entwicklungen der vergangenen zwei bis drei Jahre zielen darauf, klare Therapieziele für die Patienten zu definieren, früh zu behandeln sowie mit konsequenter Anpassung des Therapieregimes das Ziel Remission zu erreichen. Das ist das, was mit dem englischen Begriff "treat to target" umschrieben wird. Immer wieder arbeiten wir an den Konzepten und Strategien des Krankheitsmanagements.

Neben den klassischen Biologika gibt es seit vergangenem Jahr die neue Substanzgruppe der small molecules. Das sind Kinase-Inhibitoren, die zielgerichtet intrazellulär angreifen und oral verabreicht werden. Etwa 50 dieser Substanzen werden derzeit in klinischen Studien geprüft, eine Substanz ist in den USA bereits zugelassen.

Der zweite für Sie wichtige Bereich der Erkenntnisse und Entwicklungen der vergangenen Jahre?

Der zweite Bereich, das sind die Erkenntnisse zur Bedeutung des Interleukin-1, etwas, das wir beim DGIM-Kongress auch in einem Plenarvortrag thematisieren werden.

Bestimmte Krankheiten, die wir früher als Stoffwechselerkrankungen aufgefasst haben wie die Gicht, gehören zu den Interleukin-1-vermittelten Erkrankungen. Interleukin-1 ist ein zentrales Zytokin, das für viele wichtige Entzündungskrankheiten in der Inneren Medizin eine Rolle spielt, die früher gar nicht behandelt werden konnten und die heute behandelbar werden. Dazu gehören bestimmte genetische, autoinflammatorische Syndrome und wahrscheinlich noch viele andere Krankheiten. Das ist eine wirklich neue und grundlegende wissenschaftliche Erkenntnis.

Und der dritte Bereich?

Hier möchte ich die großen Fortschritte in der Vaskulitis-Therapie hervorheben. Zwar sind Vaskulitiden eher seltene Erkrankungen. Aber durch jahrelange gemeinsame Studien- und Forschungsaktivitäten zum Beispiel der europäischen Vaskulitis-Studiengruppe gibt es jetzt relativ klare, evidenzbasierte Therapiekonzepte für die ANCA-assoziierten Vaskulitiden, namentlich die Granulomatose mit Polyangiitis (GPA, frühere Nomenklatur Morbus Wegener). Im Frühjahr erwarten wir die Neuzulassung des Rituximab für schwere Verlaufsformen des Morbus Wegener.

Das DGIM-Motto "Innere Medizin - vom Organ zum System" passt nicht umsonst so gut zur Rheumatologie...

… Ja, die entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sind der Prototyp entzündlicher Multisystemerkrankungen. Neben verschiedenen Organen wie Gelenken, Nieren, Lunge und Herz können multisystemisch Blutgefäße und Nerven befallen sein. Die Laborparameter der systemischen Inflammation wie CRP, BSG, Gamma-Globuline und pro-inflammatorische Zytokine sind typischerweise erhöht und diagnostisch zu verwerten.

Während die spezifischen Antikörper, die wir messen- also Rheumafaktor, ANA, CCP-Antikörper - für die Beurteilung des Therapieansprechens keine Rolle spielen, weil sie lediglich diagnostische Marker sind, können die unspezifischen Entzündungsparameter wie CRP und BSG sehr wohl zur Steuerung der Erkrankung herangezogen werden.

Wichtig ist die Erkenntnis, dass eine Erkrankung wie die RA, die scheinbar nur die Gelenke und Sehnenscheiden erfasst, in Wirklichkeit eine Erkrankung mit erheblichen Konsequenzen für das kardiovaskuläre System ist. Ein anderes Beispiel ist die Amyloidose-Entstehung bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen.

Da viele Spezialisten in die Versorgung rheumatisch erkrankter Patienten eingebunden sind, ist es sehr wichtig, dass der internistische Rheumatologe eine koordinierende Funktion wahrnimmt.

Steht dem nicht der bekannte Mangel an Rheumatologen entgegen?

In der Tat werden wir die Zahl internistischer Rheumatologen in den nächsten Jahren nur mit großen Anstrengungen anheben können. Weiterbildungsstätten werden reduziert und der Nachwuchs fehlt.

Insofern ist es mir persönlich wichtig, dass auch die Allgemeininternisten auf diesem Gebiet gut fortgebildet sind. Wenn ein Patient mit einer neuen Rheumatoiden Arthritis drei Monate braucht, bis er einen Termin bei einem Rheumatologen erhält, dann ist es wichtig, dass der Allgemeininternist weiß, wie man eine Rheumatoide Arthritis diagnostiziert, dokumentiert und eine Basistherapie beginnt und somit keine Zeit bis zur Vorstellung beim Rheumatologen verloren geht.

Die Transition junger chronisch kranker Patienten ins Erwachsenenleben wird ja immer wieder als Problem beschrieben. Wo steht man da bei den rheumatologisch erkrankten Kindern und Jugendlichen?

Auch zur Transition veranstalten wir ein Symposium beim DGIM-Kongress. Rheumatologie, Gastroenterologie, Mukoviszidose und Diabetes mellitus werden dort thematisiert werden. An den Universitätskliniken in Deutschland werden im Fach Rheumatologie Transitionssprechstunden angeboten.

DGIM und die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin haben jetzt eine Task Force "Transitionsmedizin" gegründet, an der meine Kollegin Dr. Susanne Schalm von der LMU München rheumatologisch beteiligt ist.

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