Ausgezeichnet

Paul Ehrlich-Preis geht an Genforscherin

Professor Mary-Claire King erhält den Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis 2013. Sie hat Gene für erblichen Brustkrebs entdeckt.

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Die neue Preisträgerin: Professor Dr. Mary-Claire King.

Die neue Preisträgerin: Professor Dr. Mary-Claire King.

© Professor Dr. Mary-Claire King

FRANKFURT AM MAIN. Der mit 100.000 Euro dotierte Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis geht in diesem Jahr an Mary-Claire King.

Sie forscht als American Cancer Society-Professorin am Department of Medicine and Genomic Sciences der University of Washington in Seattle.

King wird für ihre Leistungen in der Humangenetik ausgezeichnet. Sie habe als Erste belegt, dass es eine genetische Disposition für Brustkrebs gibt, was die Sicht auf die Genetik komplexer Volkskrankheiten radikal verändert habe, so der Stiftungsrat der Paul Ehrlich-Stiftung.

BRCA1 entdeckt

Brust- und Eierstockkrebs werden in einigen Familien autosomal dominant vererbt.

King hat nachgewiesen, dass ein Teil der Mutationen in einem Gen liegt, das sie BRCA1 nannte, für breast cancer susceptibility gene 1, und sie berechnete das Erkrankungsrisiko für Brust- und Eierstockkrebs.

Seit der Entdeckung von BRCA1, BRCA2 und weiteren Brustkrebsgenen gibt es überall Programme für Frauen mit dieser Veranlagung.

Zudem hat die Preisträgerin weitere medizinisch relevante Genmutationen identifiziert, etwa für angeborene Taubheit, Schizophrenie, Autismus und systemischen Lupus erythematodes.

King identifiziert auch seit Jahrzehnten Opfer von Menschenrechtsverletzungen in aller Welt. "Sie macht damit deutlich, dass Genetik auch der Mitmenschlichkeit dient", teilt der Stiftungsrat mit.

Erst Mathematik studiert, dann in Genetik promoviert

Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis

Der Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis gehört zu den international renommiertesten Auszeichnungen, die in der Bundesrepublik für Medizin vergeben werden, insbesondere zur Immunologie, Krebsforschung, Hämatologie, Mikrobiologie und Chemotherapie.

Er wurde zum 159. Geburtstag von Paul Ehrlich in der Frankfurter Paulskirche überreicht. Verliehen wird er seit 1952.

Die Paul Ehrlich-Stiftung ist eine rechtlich unselbstständige Stiftung der Vereinigung von Freunden und Förderern der Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Wegen ihres humanitären Engagements genießt sie hohes Ansehen. Seit 1984 arbeitet sie mit den Großmüttern des Plaza de Mayo in Argentinien zusammen.

Diese Frauen versuchen, Kinder, die zwischen 1976 und 1983 von der Militärjunta entführt, zu Waisen gemacht und an Sympathisanten der Militärjunta zur Adoption weitergereicht wurden, wieder mit ihren biologischen Familien zusammenzuführen.

Mary-Claire King liefert die stichhaltigen Beweise für die Abstammung der Kinder. Sie arbeitet auch mit dem UN Kriegsverbrechertribunal zusammen und hat Opfer von Krieg,

Terror und Folter in Ländern wie Kambodscha, Guatemala, El Salvador, Ruanda, Äthiopien und Bosnien identifiziert.

King wurde 1946 in der Nähe von Chicago geboren, hat zunächst Mathematik studiert und später an der University of California in Berkeley in Genetik promoviert.

Unter anderem gehört sie der National Academy of Sciences of the USA an, ist Beraterin und Mitglied in hochrangigen Gremien und Ausschüssen, etwa im Advisory Board, das die NIH berät.

Nachwuchspreis geht an Hirnforscher

Mit dem Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis 2013, der mit 60.000 Euro dotiert ist, wird der in Berlin tätige Hirnforscher Dr. James Poulet ausgezeichnet.

Der 1975 geborene Engländer habe dazu beigetragen, die neuronalen Grundlagen des Verhaltens zu verstehen, begründet der Stiftungsrat der Paul Ehrlich-Stiftung die Entscheidung.

Sinneseindrücke führen zu sehr präzisem Verhalten: Man sieht etwas und greift zu, man riecht und rümpft die Nase, wird in einer Mitteilung zur Preisverleihung erläutert.

Poulet untersuchte, was sich bei der Koppelung von Sinneseindrücken und Bewegungsverhalten in der Hirnrinde der Maus abspielt, wie sich die Prozesse gegenseitig beeinflussen und welche Nervenzellen, Synapsen und neuronalen Netzwerke beteiligt sind.

Dafür setzte er neue optische, verhaltensorientierte und elektrophysiologische Methoden ein. "Poulets Arbeit ist auch für die Entwicklung künstlicher Gliedmaßen und Prothesen von zentraler Bedeutung", so der Stiftungsrat.

Forschung zur Paarung der Grillen

Poulet fand auch heraus, warum männliche Grillen nicht taub werden, wenn sie Weibchen durch das rhythmische Reiben ihrer Deckflügel zur Paarung einladen. Dieses aus lauen Sommernächten bekannte Zirpen ist so laut wie eine Motorsäge.

Die Grillenmänner schalten die Hörzellen herunter, sobald sie mit dem Zirpen beginnen, und lösen die Blockade wieder, wenn sie aufhören.

Durch dieses Hin und Her sind sie in der Lage, Feinde oder Rivalen zu hören. Poulet hat die Nervenzellen für die Rückkoppelung identifiziert.

Dieser Prozess ist ein Beispiel dafür, wie Lebewesen zwischen selbst- und fremderzeugten Sinneseindrücken unterschieden. Eine ähnliche Rückkoppelung sorgt dafür, dass wir beim Schreien keinen Hörschaden bekommen oder uns selbst nicht kitzeln können.

James Poulet interessiert sich zudem für das, was weithin als Gehirnzustand bezeichnet wird. Gemeint ist etwa der Übergang vom Dösen ins Hellwachsein. Diese Zustände gehören zur normalen Funktion des Gehirns.

Poulet untersucht, wie sie zustande kommen und welche Rolle sie bei der Koppelung von Sinneswahrnehmung und Bewegungsverhalten haben.

An der Uni Cambridge promoviert

James Poulet (37) studierte Biologie an der Universität Bristol und promovierte in der Abteilung für Zoologie der Universität Cambridge.

2005 wechselte er an das Brain Mind Institute an der "École Polytechnique Fédérale de Lausanne" in der Schweiz.

Seit 2009 ist er Gruppenleiter am Max Delbrück Zentrum für Molekulare Medizin Berlin-Buch und am Exzellenzcluster NeuroCure.

Poulet hat in sehr hochrangigen Zeitschriften publiziert, davon mehrfach in Nature sowie in Science und Nature Neuroscience.

Er ist mit dem Gedge Prize der Universität Cambridge ausgezeichnet worden, dem Rolleston Memorial Prize der Universität Oxford und dem Young Investigator Award der International Society for Neuroethology.

2010 hat Poulet einen der begehrten European Research Council Starting Grants bekommen, mit dem nur die allerbesten Nachwuchswissenschaftler ausgezeichnet werden. (eb)

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