Stammzell-Experimente in der Grauzone

Wer Patienten außerhalb klinischer Studien autologe Stammzellen ins Gehirn injiziert, nutzt eine Gesetzeslücke in Deutschland aus.

Veröffentlicht:
Stammzellen: Therapien in der rechtlichen Grauzone.

Stammzellen: Therapien in der rechtlichen Grauzone.

© dpa

DÜSSELDORF (mut). Der Tod eines Kindes und der Beinahe-Tod zweier weiterer Kinder wirft ein schlechtes Licht auf die bisherige Praxis zu Stammzelltherapien in Deutschland. So reicht hierzulande eine Herstellererlaubnis für autologe Stammzellen, eine Anwendungserlaubnis ist bislang nicht erforderlich.

Firmen wie XCell-Center "können also mit ihren Stammzellen machen was sie wollen", so der Stammzellforscher Professor Wolfgang-Michael Franz bei "Focus online". Privatkliniken dürfen sie daher auch ins Gehirn von Patienten injizieren, obwohl es bislang noch keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse gibt, dass die Patienten davon einen Vorteil haben.

In den meisten anderen Ländern sind solche Verfahren verboten - aus diesem Grund pilgerten Hilfesuchende aus aller Welt zum XCell-Center nach Düsseldorf, wo sie sich Heilung oder zumindest Linderung bei schweren Erkrankungen versprachen.

Wie riskant solche Therapieversuche sind, wird nun deutlich. Bei drei Kindern mit schwerer Zerebralparese kam es als Folge des Eingriffs zu massiven Hirnblutungen. Diese wurden zwar nicht direkt von den Stammzellen ausgelöst, sondern traten nach Angaben des XCell-Centers infolge einer Neuroendoskopie auf.

Dabei wird in der Regel ein Endoskop über ein kleines Bohrloch in der Schädeldecke in das Ventrikelsystem eingeführt. Bislang seien über 100 neurochirurgische Eingriffe in der Klinik gemacht worden, die Komplikationsrate sei dabei im internationalen Vergleich relativ gering gewesen, heißt es in einer Mitteilung der Klinik.

Das sieht die ermittelnde Staatsanwaltschaft anders. Die Behandlung der Jungen sei ein "medizinisches Experiment" gewesen, dem die verzweifelten Eltern zugestimmt hätten.

Gegen die Verfahren in der Klinik hat mittlerweile auch das zuständige Paul-Ehrlich-Institut in Langen erhebliche Bedenken angemeldet. Die Methode habe schädliche Wirkungen, "die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß erheblich hinausgehen", teilte das Institut mit.

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Thrombektomie bei Apoplex

Nach Schlaganfall den Kopf richtig positionieren

Biopsychosoziales Schmerzmodell

Chronische Rückenschmerzen: Warum eine Behandlung multimodal sein muss

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Leitartikel

Schwangerschaftsabbruch: Zeichen der ärztlichen Solidarität

Lesetipps
Abbildung einer umgefallenen Engels-Statur.

© Quy / stock.adobe.com

Wichtiger Laborwert

HDL-Cholesterin – wie „gut“ ist es wirklich?

Eine Assoziation zwischen Reflux und der Entstehung eines Adenokarzinoms des Magens und des ösophagogastralen Übergangs gilt als wahrscheinlich. Eine Magenspiegelung sollte sich bei Reflux anschließen. (Symbolbild)

© onephoto / stock.adobe.com

Praxisnahe Empfehlungen

Magenkarzinom-Leitlinie aktualisiert: Stärkerer Blick auf Risikofaktoren

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung