Betroffenheit über den Tod von Mechthild Bach

Die Internistin Dr. Mechthild Bach hat sich mit Morphium das Leben genommen. Seit über einem Jahr stand sie wegen des Vorwurfs des Totschlages an Patienten vor Gericht.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Mechthild Bach zu Verhandlungsbeginn letzte Woche im Landgericht Hannover. In der Nacht zum Montag nahm sich die Internistin das Leben.

Mechthild Bach zu Verhandlungsbeginn letzte Woche im Landgericht Hannover. In der Nacht zum Montag nahm sich die Internistin das Leben.

© dpa

HANNOVER/HILDESHEIM. Nach dem Suizid der Internistin Dr. Mechthild Bach hat die Staatsanwaltschaft Hildesheim eine Obduktion ihres Leichnams angekündigt.

Hintergrund des Suizids sei wahrscheinlich der seit Jahren andauernde Prozess gegen die Ärztin wegen Totschlags in 13 Fällen, so die Staatsanwaltschaft. Mehrere Bekannte Bachs hätten Abschiedsbriefe erhalten, hieß es.

Bach habe keine Kraft mehr gefunden, den Kampf für ihre Unschuld fortzusetzen, schrieb Bachs Anwalt Matthias Waldraff nach Bekanntwerden des Selbstmordes. "Ihr Gehen ist kein Schuldeingeständnis."

Erst vor wenigen Tagen hatte das Gericht, das zunächst von Totschlagsvorwürfen ausgegangen war, in einem Zwischenbericht auch den Vorwurf des Mordes in zwei Fällen in Betracht gezogen.

In der Nacht zum Montag habe Bach das Morphium eingenommen, so die Staatsanwaltschaft. "Der Prozess gegen Frau Bach war in jeder Hinsicht extrem."

Dr. Mechthild Bach

"In ihrem Tod spiegelt sich der ganze Prozess", so Waldraff gegenüber der "Ärzte Zeitung".

Die Internistin war angeklagt, in den Jahren 2001 bis 2003 13 ihrer Patienten in der Belegklinik Hannover-Langenhagen mit überhöhten Gaben von Morphium und Diazepam getötet zu haben.

Die Ärztin selber betonte, stets schmerzlindernd und im Sinne ihrer Patienten gehandelt zu haben. Dem MDK war bei einer Routinekontrolle der hohe Verbrauch an Medikamenten aufgefallen.

Die AOK erstattete daraufhin Anzeige und brachte damit den Stein ins Rollen. Ein erster Prozess scheiterte an der Befangenheit des Gerichts. 2009 wurde der Prozess neu eröffnet.

"Frau Bach hatte große Hoffnungen, in dem neuen Prozess ihre Unschuld beweisen zu können", so Waldraff.

Doch das Verfahren zog sich jahrelang hin, vor allem durch einen bis zum Schluss nicht ganz entschiedenen Streit der Gutachter.

"Um vor Gericht ihre Unschuld zu beweisen, musste sie ihre ganze Integrität in die Waagschale werfen", sagte der bestürzte Waldraff.

Das Gericht war offenbar dennoch nicht überzeugt. "Das schärfere Schwert war die Aktenlage."

Professor Karl-Heinz Beine, Neurologe und Psychotherapeut am St.Marien-Hospital in Hamm, sagte: "Es ist schwer nachvollziehbar und für die Angeklagte schwer auszuhalten, dass sich ein solcher Prozess so viele Jahre hinzieht."

Beine: "Ich hätte mir gewünscht, dass Frau Bach sich psychotherapeutische Begleitung gesucht hätte."

Professor Friedemann Nauck, Palliativmediziner an der Uniklinik Göttingen, äußerte sich betroffen über den Tod Bachs.

Eines der großen Probleme sei, dass Ärzte am Bett von Sterbenden verunsichert und alleine gelassen würden, so Nauck.

"Bei der Palliativ- und Schmerzmedizin kann Unsicherheit dazu führen, dass Ärzte sagen: Bloß nicht zu viele Schmerzmittel!"

Und: "Vor diesem Hintergrund hätte ich mir sehr gewünscht, dass die Vorwürfe gegen Frau Bach völlig hätten aufgeklärt werden können."

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