Pflege-Zoff: Tadel für Bahr von Schäuble

Und noch einer: Gerade erst musste Gesundheitsminister Bahr von Sozialministerin von der Leyen einen Rüffel für seine Pflegereform einstecken. Jetzt kommt Finanzminister Schäuble und tadelt Bahr - nicht zum ersten Mal.

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Bahr und Schäuble.

Bahr und Schäuble.

© Wolfgang Kumm / dpa

BERLIN (sun). Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lässt Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) bei der Pflegereform nachsitzen.

Das Bundesfinanzministerium (BMF) könne dem Gesetzentwurf zur Pflege "in der vorliegenden Form nicht zustimmen", heißt es in einer fünfseitigen Stellungnahme, die der "Ärzte Zeitung" vorliegt.

Bahr habe die Mehrausgaben der Reform nicht genau durchgerechnet, so der Vorwurf aus dem Hause Schäuble.

Bahrs Pläne sehen vor, dass Pflegebedürftige mit Demenz, die zu Hause versorgt werden, ab 1. Januar 2013 mehr Geld erhalten sollen. Für Ärzte sehen die Reformentwürfe mehr Honorar bei Heimbesuchen vor.

Von den ersten Reformschritten profitieren sollen rund 500.000 zu Hause betreute Pflegebedürftige, die an Demenz erkrankt sind, und deren Angehörige.

Darüber hinaus will der Gesundheitsminister die Gründung von Wohngemeinschaften pflegebedürftiger Patienten finanziell fördern.

Mehrausgaben aus dem Blick verloren

Finanziert werden sollen die Pläne, indem der Beitragssatz zum 1. Januar 2013 um 0,1 Beitragssatzpunkte angehoben wird. Damit erwartet das Gesundheitsministerium 1,1 Milliarden Euro Mehreinnahmen.

Schäuble hält diese Pläne für nicht genügend durchdacht, denn das Gesundheitsministerium hat offenbar die Mehrausgaben aus dem Blick verloren.

Das BMF erwartet infolge der Anhebung des Beitragssatzes einen Rückgang des Lohn- und Einkommensteueraufkommens um jährlich 135 Millionen Euro verteilt auf Bund, Länder und Gemeinden. Der Gesetzentwurf müsse entsprechend angepasst werden, fordert der Finanzminister.

Zudem seien Mehrausgaben bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende, bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie Arbeitslosenversicherung zu erwarten. Diese seien in der Pflegereform bisher nicht enthalten.

Eine Deckungslücke gebe es bereits 2012, so das BMF. Das Gesundheitsministerium geht von zwei Milliarden Euro Mehrkosten aus, ohne zu benennen, wie diese finanziert werden sollen. Auch in den folgenden Jahren bis 2015 gebe es eine Lücke in der Finanzierung.

Warnung vor Mehrkosten

Auch bei den möglichen Einsparungen hat Bahr aus Sicht des BMF nicht gründlich genug gerechnet. Hier steht Bahrs Fazit in der Kritik, Heimbewohner erhielten zu wenige Hausbesuche von Ärzten.

"Es erscheint fraglich, dass entsprechende zusätzliche ärztliche Leistungen in relevanter Anzahl zur Verringerung von Krankenhaustransporten oder gar zu Vermeidung unnötiger Krankenhauseinweisungen führt", heißt es in dem Papier.

Das BMF fürchtet stattdessen sogar "beträchtliche Mehrkosten für die GKV".

Das Bundesgesundheitsministerium bleibt dennoch gelassen. In der vergangenen Woche seien die Stellungnahmen der Ressorts eingeholt worden. Das sei ein "normales Verfahren", sagte eine Sprecherin des Ministeriums der "Ärzte Zeitung".

Grünen-Politikerin Elisabeth Scharfenberg hielt Bahr vor, er habe bei seiner Pflegereform keinen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff, keinen Fahrplan, keine Vision. Jetzt sei er damit isoliert, die Kabinettsmitglieder gingen "reihenweise von Bord".

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