Am Reha-Deckel scheiden sich die Geister

Immer weniger Reha-Anträge werden bewilligt. Trotzdem reicht das Geld nicht aus. Die SPD will nun den Budgetdeckel öffnen. Die schwarze-gelbe Koalition ist sich uneins.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Arbeiter im BMW-Werk: Das Gros der Reha-Kosten entfällt auf Ältere.

Arbeiter im BMW-Werk: Das Gros der Reha-Kosten entfällt auf Ältere.

© dpa

BERLIN. Die SPD-Bundestagsfraktion hat einen Gesetzesantrag vorgelegt, der das Ziel hat, den sogenannten "Reha-Deckel" zu lupfen.

Allein 2005 bis 2010 hat die Zahl der bewilligten medizinischen Rehabilitationen um 21 Prozent und die Bewilligungen für berufliche Reha um 30 Prozent zugenommen. Doch seit 1997 wächst das Budget für medizinische Reha in der Rentenversicherung nur in dem Maße, wie sich die Bruttolohngehälter je Arbeitnehmer entwickeln.

Das will die SPD ändern und greift dazu einen Vorschlag der Deutschen Rentenversicherung Bund auf. Danach soll die Anpassungsformel für das Reha-Budget um zwei Faktoren zusätzlich zur Bruttolohnentwicklung ergänzt werden.

Zum einen soll die veränderte demografische Struktur der Versicherten berücksichtigt werden. Denn 75 Prozent der Reha-Leistungen entfallen auf die Gruppe der 45- bis 65-Jährigen. Und diese Kohorte wird größer werden, wenn die "Baby-Boomer" der 60er Jahre allmählich in diese Altersklasse aufrücken.

Zum anderen spricht sich die SPD dafür aus, die Verlängerung der Lebensarbeitszeit als Folge der "Rente mit 67" zu berücksichtigen.

Dreht man bei der Berechnung des Reha-Deckels an diesen Stellschrauben, so würde das Budget bis 2018 maximal um fünf Prozent oder 300 Millionen Euro steigen, bei Gesamtausgaben für die Reha von zuletzt 5,53 Milliarden Euro. Nach 2018 würden die demografiebedingten Mehrausgaben wieder sinken.

Reha-Budget in den letzten Jahren voll ausgenutzt

Doch gegenwärtig steigt der Druck unter dem Reha-Deckel stetig: Das Budget ist 2010 und 2011 praktisch zu 100 Prozent ausgeschöpft worden, und das, obwohl die Bewilligungen für eine Reha immer restriktiver gehandhabt werden.

Im Jahr 2000 wurden noch 70 Prozent der Anträge genehmigt, 2010 waren es noch 64 Prozent. Zudem wurden ambulante Reha-Angebote ausgebaut und die Reha-Dauer verkürzt. Doch selbst bei hartem Kostenmanagement stößt die Rentenversicherung "allmählich an die Grenze des Machbaren", sagt der Unionsabgeordnete Peter Weiß.

Die Union hat wiederholt zugesagt, die Ausgabendeckelung "prüfen" zu wollen - zuletzt beim Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Geschehen ist nichts.

FDP will noch nicht handeln

Vor allem aus Sicht der FDP ist die Schmerzgrenze noch nicht erreicht. "Erst wenn die Qualität der Reha-Leistungen unter geänderten demografischen Verhältnissen nicht mehr gewährleistet bleibt, müssen wir über Lösungen nachdenken", sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete Heinrich Kolb.

Das sieht der Bundesrat anders: In einer Entschließung hat er die Bundesregierung aufgefordert, eine "angemessene Anhebung" des Reha-Deckels sei "sachlich zwingend geboten".

Weitergehend sind die Forderungen der Linksfraktion, die in einem Antrag dafür plädiert, die Reha-Leistungen allein "am Bedarf" auszurichten. Liberale und Union haben dies m Januar im Gesundheits- und im Ausschuss für Arbeit und Soziales im Bundestag abgelehnt.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Warten, bis "Rente vor Reha" gilt?

Schlagworte:
Mehr zum Thema

Reform der Vergütung

KVWL plädiert für Umstellung auf Praxis-Patienten-Kontakt

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Vor Entscheid in der Länderkammer

Streit um Pflegepersonaleinsatz in Kliniken vor der Einigung

Lesetipps
Schwere Infektionen mit Antibiotika richtig behandeln: Behandlungsmythen, die so nicht stimmen.

© bukhta79 / stock.adobe.com

Richtig handeln bei Infektionen

Drei Mythen bei der Antibiotika-Therapie auf dem Prüfstand