Verbreiteter Irrglaube

Mammografie schützt vor Brustkrebs

Viele Frauen sind mit dem Mammografie-Screening zufrieden, haben allerdings falsche Vorstellungen vom Nutzen. In einer Studie glaubte die Mehrheit, dass sich dadurch Brustkrebs verhindern lässt.

Von Sunna Gieseke Veröffentlicht:
Eine Patientin beim Mammografie-Screening: Die Teilnahme bewerten die meisten Patientinnen positiv, so eine Studie.

Eine Patientin beim Mammografie-Screening: Die Teilnahme bewerten die meisten Patientinnen positiv, so eine Studie.

© Mathias Ernert

BERLIN. Die meisten Frauen sind zufrieden mit dem Brustkrebs-Screening: 94 Prozent der eingeladenen Frauen würden erneut am Screening teilnehmen, 95 Prozent würden es sogar an Freundinnen und Bekannte weiterempfehlen.

Das geht aus der Studie "Inanspruchnahme des qualitätsgesicherten Mammographie-Screenings" hervor, die vom Bundesgesundheitsministerium gefördert wurde. Für die Studie wurden rund 13.000 Frauen zwischen 50 und 69 Jahren telefonisch und schriftlich befragt.

Demnach beurteilten die Frauen vor allem Terminvergabe (96 Prozent), Hygiene (95 Prozent) und Kompetenz (93 Prozent) der Brustkrebszentren als sehr gut oder gut.

Auch die Aufklärung über die Behandlung kam gut an: 81 Prozent fanden, dass der Ablauf gut erklärt wurde. Lediglich acht Prozent stimmten der Frage voll zu, dass die Wartezeit auf das Ergebnis für sie psychisch belastend war.

Sechs Prozent waren "voll und ganz" der Meinung, die Behandlung sei während der Untersuchung grob gewesen. Acht Prozent der Befragten gaben an, dass sie sich während der Untersuchung hilflos und ausgeliefert gefühlt hätten., sprich: mehr als 80 Prozent stimmten dem nicht zu.

BMG: Zu viele bleiben dem Screening fern

Das Bundesgesundheitsministerium zieht eine kritische Bilanz. "Die Teilnehmerrate am Screening liegt mit 56 Prozent unter dem empfohlenen europäischen Zielwert von 70 Prozent", sagte die parlamentarische Staatssekretärin im BMG, Annette Widmann-Mauz (CDU).

Um die Rate zu steigern, sollen Frauen künftig mit Broschüren über Vor- und Nachteile des Screenings aufgeklärt werden. Das sei besonders wichtig, da sich bei den befragten Frauen deutliche Wissenslücken rund um das Thema Brustkrebs und seine Risikofaktoren gezeigt hätten, so Widmann-Mauz.

Zum Beispiel wussten viele Befragte nicht, dass das Alter ein Risikofaktor sei. Zudem glaubten 74 Prozent der Teilnehmerinnen, dass das Screening ihnen den größtmöglichen Schutz vor Brustkrebs biete.

93 Prozent sind der Studie zufolge der Meinung, dass durch das Screening und einer mögliche frühe Diagnose die Heilungschance der Erkrankung erhöht werde.

Viele Frauen überschätzten somit den Nutzen des Screenings, so Widmann-Mauz. Das Verfahren habe Grenzen: Schließlich könnten Frauen auch zwischen zwei Screenings erkranken. Dennoch bleibe das Screening die wichtigste Früherkennungsmaßnahme für Brustkrebs.

60 Prozent glauben, Screening könne Brustkrebs verhindern

Das Einladungsverfahren für die Mammografie gibt es seit 2004. Bundesweit werden 10,5 Millionen Frauen zwischen 50 und 69 Jahren alle zwei Jahre eingeladen.

Mit dem Krebsfrüherkennungsgesetz soll das Einladungsverfahren zur Vorsorge auf Gebärmutterhals- sowie Darmkrebs ausgedehnt werden. Das Gesetz wurde Anfang Februar im Bundestag beschlossen.

Grünen-Politikerin Birgitt Bender äußerte sich kritich: "Die Studie zeigt, wie schlecht viele Frauen über den Nutzen des Screenings informiert sind."

Knapp 60 Prozent der befragten Teilnehmerinnen seien der Ansicht, das Screening selbst könne Brustkrebs verhindern, rund 75 Prozent glaubten, das Screening biete größtmöglichen Schutz vor Brustkrebs.

"Beide Annahmen zeigen, dass der Nutzen deutlich überschätzt wird, während Risiken kaum bekannt sind"; so Bender.

Eine Entscheidung für ein Screening setze eine neutrale Aufklärung über die Nutzen und die Risiken voraus: "So reduziert das Screening die Brustkrebssterblichkeit kaum", so Bender.

Hingegen komme es in Folge der Untersuchungen häufig zu Behandlungen (wie Bestrahlung, Chemotherapie und Operationen), obwohl die Frauen später gar nicht erkrankt wären - das werde als Überdiagnose und Übertherapie bezeichnet.

Mitarbeit: jvb

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