Pränataldiagnostik

Der Keil im Ethikrat

Der Deutsche Ethikrat empfiehlt dem Gesetzgeber, den Umgang mit Gendaten neu zu justieren. Doch bei der Pränataldiagnostik brechen alte ethische Konflikte wieder auf.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Wird seit Sommer 2012 auf dem Markt angeboten: Der ethisch umstrittene PraenaTest®.

Wird seit Sommer 2012 auf dem Markt angeboten: Der ethisch umstrittene PraenaTest®.

© Tobias Kleinschmidt / dpa

BERLIN. Der Deutsche Ethikrat hat dem Gesetzgeber empfohlen, das Gendiagnostikgesetz an mehreren Stellen nachzuschärfen. Durch neue Hochdurchsatz-Technologien steigen die Datenmengen vieler genetischer Analysen.

Gleichzeitig nehme die Zahl an Befunden mit möglicher Bedeutung für Gesundheit, Krankheit und Lebensführung zu, heißt es in der Stellungnahme des Rats zur Zukunft der genetischen Diagnostik, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde.

Gesicherte Qualitätsstandards in der Gendiagnostik sind für die 26 Ratsmitglieder eine wichtige Voraussetzung, um selbstbestimmte Entscheidungen über die Inanspruchnahme von Gentests und einen verantwortungsvollen Umgang mit ihren Ergebnissen zu ermöglichen.

Einig zeigt sich das Gremium nur bei allgemeinen Empfehlungen zur Gendiagnostik. An der Pränataldiagnostik dagegen haben sich die Geister der Sachverständigen geschieden - zwei Sondervoten sind die Folge.

Eine Mehrheit des Ethikrats votiert dafür, eine nichtinvasive pränatale Diagnostik, die Chorionzotten-Biopsie oder die Amniozentese sollten nur dann vorgenommen werden, "wenn ein erhöhtes Risiko für eine genetisch bedingte Erkrankung oder Fehlbildung vorliegt".

Uneinigkeit bei der Beratungslösung

Dies zielt vor allem auf den im Sommer vergangenen Jahres in den Markt eingeführten PraenaTest®.

Acht Ratsmitglieder tragen diese Empfehlung nicht mit. Da auch in "naher Zukunft" überwiegend nur invasive Diagnostikverfahren eingesetzt würden, sei es unwahrscheinlich, dass die Verfahren auf "Befunde dubioser Relevanz" ausgeweitet werden.

Der PraenaTest® stelle keine "prinzipiell neuartige (...) diagnostische Methode zur Verfügung", heißt es weiter. Das Mehrheitsvotum des Rats sei "zu sehr darauf ausgerichtet, der Schwangeren den Zugang zu wichtigen Informationen zu erschweren."

Vier weiteren Ratsmitgliedern geht das Hauptvotum dagegen nicht weit genug. Sie empfehlen ein Verbot der öffentlichen Förderung von Testverfahren, die der "Rasterfahndung" nach Trägern einer genetischen Anomalie dienen.

Uneins sind sich die 26 Mitglieder auch beim Vorschlag, die Beratungslösung bei Schwangeren (Paragraf 218a Absatz 1 StGB) zu verschärfen. Durch die frühe genetische Diagnostik könnten schon in den ersten zwölf Wochen Informationen über mögliche Genauffälligkeiten des Ungeborenen vorliegen, lautet die Begründung.

In diesem Fall sei ein Schutzkonzept erforderlich, das über die Pflichtberatung hinausgeht. Acht Sachverständige lehnen dies ab und monieren, die Einzelheiten eines erweiterten Schutzkonzeptes blieben unklar.

Weitere - unstrittige - Empfehlungen des Rats:

  • Das Neugeborenen-Screening sollte auch von Hebammen und Kinderkrankenpflegern vorgenommen werden dürfen. Nur bei auffälligen Befunden wäre dann die Einschaltung eines Arztes nötig.
  • Untersuchungen wie eine Gesamtgenomsequenzierung oder eine nutrigenomische Analyse sollten zwingend mit einer ärztlichen Aufklärung und Beratung verknüpft werden. Die Ratsmehrheit empfiehlt, dies im Gendiagnostikgesetz zu regeln.
  • Krankenversicherungen sollen die Kosten für Gentests erstatten, die für die Anwendung eines Medikamentes aufgrund seiner Zulassung erforderlich sind.
  • Klarstellen sollte der Gesetzgeber im Gendiagnostikgesetz, dass die Aufklärung und die Mitteilung des Ergebnisses in einem persönlichen Gespräch zu erfolgen habe. "Das Aushändigen schriftlichen Materials reicht nicht aus", empfiehlt der Rat.

Lesen Sie dazu auch: Ethikrat empfiehlt: Gentests nur noch aus den Händen von Ärzten

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