Vision zur Krankenversicherung

Eine für alle - mit PKV

Neuer Vorschlag zur künftigen Krankenversicherung: Experten schlagen ein Modell vor, das beides vereint - eine Art Bürgerversicherung und den Fortbestand der PKV.

Von Sunna Gieseke Veröffentlicht:
Ist eine integrierte Krankenversicherung das Modell der Zukunft?

Ist eine integrierte Krankenversicherung das Modell der Zukunft?

© Angelika Warmuth / dpa

BERLIN. Keine Zwei-Klassen-Medizin und eine Angleichung der ärztlichen Vergütung - und zwar unabhängig davon, ob die private oder die gesetzliche Krankenversicherung die Leistung bezahlt: Bertelsmann Stiftung und Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordern eine integrierte Krankenversicherung.

Dafür haben die beiden Organisationen am Montag in Berlin einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt. Demnach sollen zunächst Schlüsselfragen geklärt werden. Zum Beispiel: Wie lassen sich Rückstellungen aus dem Kapitalstock der PKV individuell oder kohortenbezogen in den Gesundheitsfonds übertragen?

Verfassungsrechtliche Bedenken für eine Zusammenführung der Systeme sieht Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung, nicht: "Die Regelung der Krankenversicherung steht vielmehr mitten im Gestaltungsraum der Politik", so de Geus.

Drei Szenarien verglichen

Weitere Reformschritte sollen dann zur integrierten Krankenversicherung führen. Diese seien die Konvergenz der Vergütungssysteme von GKV und PKV, Schaffung eines tragfähigen Beamten- und Selbstständigentarifs in der GKV und der Eintritt der PKV in den integrierten Krankenversicherungsmarkt.

Die Finanzierung der Krankenversicherung soll dann aus Sicht der beiden Organisationen aus drei Säulen bestehen: den Beiträgen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie aus Steuermitteln.

Eine Studie des Berliner IGES-Instituts für die Bertelsmann Stiftung und den vzbv soll die Argumente für eine integrierte Krankenversicherung untermauern.

Darin wurden drei Szenarien verglichen: Was passierte, wenn alles so bliebe, wie es ist, also bei einer Finanzierung über Versicherungsbeiträge und Zusatzprämien? Wie würde sich das Gesundheitssystem entwickeln, wenn statt dessen die Finanzierung über die Einkommensteuer ausgebaut würde? Was passierte, wenn die Beitragspflicht auf weitere Einkommen wie Mieten ausgedehnt würde?

Ein Fazit der Studie: Ein direkter Steuerzuschuss würde die unteren Einkommen entlasten und die höheren Einkommen belasten. Das heißt: Nettoeinkommen bis 18.000 Euro im Jahr würden um zwei Prozent entlastet (360 Euro).

Wer mehr als 78.000 Euro pro Jahr verdient, müsste tiefer in die Tasche greifen: Mit acht Prozent würden diese Nettoeinkommen belastet werden (6240 Euro). Zudem seien bei diesem Szenario die Bürokratiekosten besonders gering, betonte Stefan Etgeton von der Bertelsmann Stiftung.

PKV empört

In einem Szenario, bei dem weitere Einkommensarten herangezogen würden, würden Bürokratiekosten von zwischen 180 bis 200 Millionen Euro anfallen.

Auch das aktuelle Finanzierungssystem mit Zusatzbeiträgen sei zu umständlich. Zudem sei es mit 230 Millionen Euro Verwaltungskosten pro Jahr zu teuer. Das sei ein starkes Argument für den Steuerzuschuss, so Etgeton.

Die PKV nannte den Vorstoß Richtung Bürgerversicherung eine Fiktion: "Wo bitte ist das Problem, das hier angeblich gelöst wird?", fragte PKV-Verbandsdirektor Volker Leienbach. Das Gesundheitssystem sei weltweit eines der besten, die Wartezeiten kurz und die Teilhabe der Menschen am medizinischen Fortschritt sei gesichert.

Gerd Billen, Vorstand des vzbv, blieb gelassen: Er rechne nicht mit "schnellem Sieg". Es gehe vielmehr um eine langfristige Umstellung des Systems.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Zehn Schritte, zehn Hürden

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