Analyse mittelalterlicher Rezepte kann vergessene Indikationen aufdecken

Veröffentlicht:

Zur Zeit Karls des Großen kursierte ein Rezept gegen ein "fressendes Geschwür": Das Pulver der Herbstzeitlose wurde in die Geschwüre gestreut.

"Seitens der modernen Medizin zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat man sich lange darüber lustig gemacht, was denn dieses Pulver bewirken sollte - bis man herausgefunden hat, daß es Colchicin und damit ein Zellgift enthält", erzählt der Medizinhistoriker Professor Gundolf Keil als Beispiel dafür, daß mittelalterliche Heilrezepte nicht unbedingt weithergeholt sein müssen.

Dieses alte Wissen zu erforschen und eventuell auch für moderne Therapien zu nutzen, ist Aufgabe der Forschergruppe Klostermedizin an der Universität Würzburg, die Keil leitet. Vor fünf Jahren ist die Forschergruppe als gemeinsames Projekt des Würzburger Instituts für Geschichte der Medizin und des Arzneimittel-Herstellers Abtei, der zum GlaxoSmithKline-Konzern gehört, gegründet worden.

"Als 1999 die Gründung der Forschergruppe Klostermedizin bekannt gegeben wurde, waren die Reaktionen geteilt", heißt es auf der Website der Klostermedizin. Vor allem bei Fachleuten sei das Projekt auf zurückhaltende Skepsis gestoßen.

"Die Forschergruppe konnte aber in den vergangenen Jahren zeigen, daß unter dem Stichwort Klostermedizin interessante und wissenschaftlich seriöse Arbeit geleistet werden kann, die auch in Bezug zu aktuellen Entwicklungen auf dem Phytopharmaka-Markt steht", wird Bilanz gezogen.

Klostermedizin ist eine medizinhistorische Epoche, keine Therapierichtung, betonen die Forscher. Diese Epoche war der Trichter, durch den das antike Wissen über Heilpflanzen transferiert wurde, und die Grundlage der großen Kräuterbücher der Neuzeit. Die Forscher analysieren also vor allem Rezepte aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit. Die Bedeutung einer Heilpflanze wird im Kontext der jeweiligen Zeit untersucht.

Diese Ergebnisse werden miteinander und mit modernem Wissen über die Pflanzen verglichen. Solche Studien könnten kulturell bedingte Veränderungen hinsichtlich des therapeutischen Einsatzes einer Pflanze aufdecken, an vergessene Indikationen erinnern - und damit der phytotherapeutischen Grundlagenforschung neue Impulse geben.

Historische Pflanzenmonographien werden in einer Datenbank gespeichert. Sie umfaßt alle Pflanzen, die in alten Kräuterbüchern genannt sind. Außerdem sind Pflanzenporträts erstellt worden, etwa von Baldrian, Hopfen und Johanniskraut.

Die moderne Phytotherapie hat bereits von den Untersuchungen profitiert: So hat die Forschergruppe Klostermedizin die Entwicklung des ersten apothekenexklusiven Produkts von Abtei, Alluna®, begleitet. (ug)

Infos über die Forschergruppe Klostermedizin: www.klostermedizin.de

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

ARE in Grafiken

RKI: Grippewelle deutet sich an

Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Praxisfall im Podcast: Atemwegsinfekt

© Bionorica SE

Phytoneering-Akademie

Praxisfall im Podcast: Atemwegsinfekt

Anzeige | Bionorica SE
Antibiotika – Fluch und Segen

© Bionorica SE

Podcast

Antibiotika – Fluch und Segen

Anzeige | Bionorica SE
Brauchen wir noch Antibiotika?

© deepblue4you | iStock

Content Hub

Brauchen wir noch Antibiotika?

Anzeige | Bionorica SE
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Mirikizumab wirksam bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

© Oleh / stock.adobe.com

Zielgerichtete Interleukin-23p19-Inhibition

Mirikizumab wirksam bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg v.d.H.

Ist das AMNOG bereit für HIV-Innovationen?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Gilead Sciences GmbH, Martinsried
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Welchen Spielraum es gibt

Patienten rechtssicher ablehnen: So geht’s

Geriatrische Syndrome

COPD bei älteren Patienten – darauf sollten Sie achten

Kasuistik

Die stille Last der Acne inversa

Lesetipps
Im Krankenhaus wird der Patient unter Aufsicht eines Radiologen einer CT-Untersuchung unterzogen.

© Valerii Apetroaiei / stock.adobe.com

Vereinfachter Diagnose-Algorithmus

Lungenembolie mit weniger Bildgebung sicher ausschließen