Giftgase - die Chemikalisierung des Tötens

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Im Ersten Weltkrieg wurden erstmals Naturwissenschaft und Technik konsequent angewandt, was "mit einer diabolischen Perfektionierung des Verwundens und Tötens einherging", so der Medizinhistoriker Professor Wolfgang U. Eckart aus Heidelberg. So sei das Töten chemikalisiert worden durch den Einsatz von Giftgasen.

Am 22. April 1915 kam es beim Angriff auf das belgische Städtchen Ypern zum ersten deutschen Giftgas-Einsatz. Experimentiert hatten aber alle Kriegsparteien mit den neuen lautlosen Waffen. In den folgenden Kriegsjahren wurden von allen Parteien intensive Anstrengungen unternommen, sich in der Giftigkeit der zunächst vorwiegend abgeblasenen, seit 1916 dann in Granaten und Minen verschossenen Todescocktails zu überbieten. Der deutsche Vorsprung auf diesem Gebiet war von den Kriegsgegnern spätestens 1917 aufgeholt.

Zum Einsatz kamen "Weißkreuz", "Grünkreuz" und "Gelbkreuz". So kannten sie die Soldaten. Aber hinter den harmlosen Bezeichnungen verbargen sich Nasen- und Augenreizstoffe unterschiedlichster Intensität, quälende Atemgifte, Phosgen, das Schädlingsbekämpfungsmittel Chlorpikrin oder ätzende Hautgifte und Geländekampfstoffe wie Lost, Yperit und Senfgas.

Schwerste Augenschäden bis zur Erblindung waren die Folgen. "Auf beiden Seiten der Fronten glichen sich die erschütternden Bilder, wenn in langsamem Schritt, mit den Händen den Vordermann greifend, mit roten, quellenden, triefenden Augen, die Gasblinden den rückwärtigen Linien zugeführt wurden; matt und schlaff kamen sie, mit fahler und grüner Haut, Binden vor den Augen, die Köpfe in Schmerz und Verzweiflung gebeugt", zitiert Eckart in der "Ärzte Zeitung".

Ärzte, die doch auf Seiten der Kranken und Verletzten stehen müßten, protestierten kaum gegen den Einsatz von Giftgas. Wohl aber äußerten sie die Sorge, aus den Scharen der Kriegsblinden die Drückeberger nicht mehr sicher aussondern zu können. (eb)

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