Ebola-Ausbruch 1976

Ampulle platzt im Handgepäck

Wie gefährlich das EbolaVirus ist, ahnte beim ersten Ausbruch 1976 niemand. Blutproben wurden ohne Sicherheitsvorkehrungen im Handgepäck eines Flugzeugs transportiert: Peter Piot, einer der Entdecker des Virus, erinnert sich.

Von Jörg Schäfer Veröffentlicht:
Krankenschwester Margaret Isaacson steht im Zaire-Hospital in Yambuku neben einem Ebola-Patienten, der in einem Bett in dem Theater-Block des Krankenhauses liegt, der während des Ebola-Ausbruchs 1976 als Quarantänestation genutzt wurde.

Krankenschwester Margaret Isaacson steht im Zaire-Hospital in Yambuku neben einem Ebola-Patienten, der in einem Bett in dem Theater-Block des Krankenhauses liegt, der während des Ebola-Ausbruchs 1976 als Quarantänestation genutzt wurde.

© Centers for Disease Control and Prevention/dpa

LONDON. In einer blauen Thermoskanne kam das Ebola-Virus zum ersten Mal nach Europa. Wie gefährlich das Handgepäck war, das ein Bote auf dem Linienflug von Kinshasa im damaligen Zaire 1976 nach Antwerpen brachte, war niemandem bewusst.

Auch Peter Piot, damals Nachwuchswissenschaftler am Institut für Tropenmedizin in Antwerpen, ahnte davon nichts, wie er in einem Gastbeitrag für die "Financial Times" schreibt.

Die Ampullen mit Blut waren nur notdürftig mit Eis gekühlt, eine davon platzte sogar während des Flugs, erzählte Piot dem Sender BBC. So ist es überraschend, dass keiner der beteiligten Wissenschaftler erkrankte.

Im Fall des damals 27 Jahre alten Peter Piot hätte dies womöglich eine große Karriere verhindert: Der Mediziner und Mikrobiologe ist heute ein bedeutender Aids-Forscher. Er war geschäftsführender Direktor des UN-Programms zur Aids-Bekämpfung (UNAIDS) und ist Leiter der London School of Hygiene and Tropical Medicine.

Piloten hatten Angst

Damals, im September 1976, hatte Piot es mit einem unbekannten Virus zu tun. Auffällig war seine Form, ungewöhnlich lang und fadenförmig. Nach Berichten über weitere Erkrankungen und den Tod einer belgischen Nonne reiste Piot mit einem internationalen Team in die betroffene Region, berichtet er in der "Financial Times".

Über Kinshasa flogen sie mit einer Transportmaschine nach Bumba im Norden von Zaire, der heutigen Demokratischen Republik Kongo. Sogar die Piloten hatten Angst und ließen beim Ausladen die Motoren laufen, um möglichst schnell wieder abfliegen zu können, erinnert sich Piot.

Die Forscher mussten noch etwa 120 Kilometer weiterreisen, bis in das Dorf Yambuku. Dort befand sich eine katholische Missionseinrichtung mit einer Krankenstation. Aus Angst hatten sich der Priester und die Nonnen bereits eine Art Quarantäne-Station eingerichtet - ohne wirklich zu wissen, wie sie auszusehen hätte, schreibt Piot weiter.

So hatten sie den Ausdruck "cordon sanitaire", Pufferzone, allzu wörtlich genommen: Sie grenzten die Station mithilfe einer Kordel ("cordon") ab.

Nadeln wurden mehrfach benutzt

In seinem Gastbeitrag schildert Piot auch die Suche nach der Ursache der Erkrankung. Die Detektivarbeit hatte Erfolg, relativ schnell war klar, wo sich die meisten Patienten angesteckt hatten: In der Krankenstation und beim Umgang mit den Toten. Die Nonnen benutzten nur fünf Spritzen und verwendeten die Nadeln mehrfach - viele Menschen steckten sich an dem Ort an, an dem sie geheilt werden sollten.

Da das Virus sich bereits verbreitet hatte, gingen Piot und seine Kollegen in die betroffenen Dörfer und erklärten den Bewohnern, wie sie mit Erkrankten umgehen sollten, um eine Ansteckung zu verhindern, erinnert sich der Mediziner.

In den drei Monaten, die die Forscher in Yambuku waren, dämmten sie die Epidemie ein. Den Tod von fast 300 Menschen konnten sie allerdings nicht verhindern - dieser erste Ausbruch ist bis heute der drittgrößte. In seinem Gastbeitrag berichtet Piot, wie die Wissenschaftler dann schließlich einen Namen für die neue Krankheit suchten.

Nach all dem Leid wollten sie die Bewohner nicht auch noch zusätzlich stigmatisieren, indem sie womöglich ihr Dorf zum Namensgeber gemacht hätten. So wählten sie ganz einfach den nächsten größeren Fluss: Er hieß Ebola.

Mit Blick auf den aktuellen Ausbruch sagte Piot in einer Reportage dem britischen TV-Sender BBC, einige Maßnahmen, die schon in den 1970er Jahren sinnvoll waren, würden auch heute noch helfen: "Seife, Handschuhe, Patienten isolieren, Nadeln nicht wiederverwenden und Quarantäne für Menschen, die mit Erkrankten in Kontakt waren - theoretisch sollte es sehr einfach sein, Ebola zu kontrollieren." (dpa)

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