Plädoyer für Immunonutrition bei schwerkranken Patienten

FRANKFURT AM MAIN (ner). Aktuelle Studien zur Immunonutrition haben bei Klinikern für Verunsicherung gesorgt. Angeblich sollen Nahrungen mit immunmodulatorisch wirksamen Substanzen wie Arginin bei schwerkranken Patienten zu vermehrten Todesfällen führen. Dem widersprach Dr. Heinz Schneider, Gesundheitsökonom und Ernährungs-Spezialist aus Basel, bei einem Expertentreffen in Frankfurt am Main.

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Eine Zwischenauswertung der lange erwarteten und noch nicht publizierten Ross Lab Studie mit 170 Intensivpatienten hatte, wie Schneider berichtete, ergeben: Die Sterbequote mit der enteralen Ernährung der Immunmodulatoren enthaltenden Nahrung Optimental® (in Deutschland nicht auf dem Markt) war doppelt so hoch wie in der Kontrollgruppe mit einer herkömmlichen Sondennahrung.

Grund war offenbar, daß es in der Verumgruppe mehr Patienten mit schweren Pneumonien und Infektionen gab. Zudem waren diese Patienten im Durchschnitt älter als die Patienten in der Kontrollgruppe. Wegen dieser Imbalance in der Randomisierung ist die Studie abgebrochen worden.

Schneider kritisierte bei der vom Unternehmen Novartis Nutrition GmbH unterstützten Veranstaltung in Frankfurt am Main außerdem eine Metaanalyse von Dr. Daren Heyland aus Ontario in Kanada, in der angeblich ebenfalls eine erhöhte Mortalitätsrate nachgewiesen worden sei. Nehme man die Ross Lab Studie aus der Metaanalyse heraus, da diese nicht auswertbar ist, ergäben sich weder positive noch negative Effekte der Immunonutrition auf die Sterblichkeit.

Weitere neue Veröffentlichungen (Bertolini et al.: Intensive Care Med 29, 2003, 834; Montejo et al.: Clinical Nutrition 22, 2003, 221) sind nach Schneiders Angaben mit erheblichen methodischen Schwächen behaftet. So seien in einer italienischen Studie falsche Statistik-Tests angewandt worden.

Insgesamt bezeichneten die Experten die Studienlage zur Immunonutrition in der Intensivmedizin als unbefriedigend. Da der Begriff "Immunonutrition" nicht exakt definiert ist, führe dies dazu, daß er für manche Produkte zu unrecht verwendet werde.

Zwar könne mit Spezialnahrungen wie Impact®, die mit Arginin, Omega-3-Fettsäuren und Ribonukleinsäuren angereichert sind, wahrscheinlich keine Minderung der Sterblichkeit erreicht werden, wohl aber eine Reduktion des Risikos für Infektionen und Komplikationen bei schwerkranken Patienten. Entsprechende Ergebnisse mehrerer Studien in der Viszeral- und Tumorchirurgie sowie bei Organtransplantationen hätten hier eindeutige Ergebnisse gebracht, sagte Schneider.

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