Krebskranke sind häufig mangelernährt - doch nur selten wird gehandelt

BREMEN (mop). In Deutschland sterben jährlich 200 000 Menschen an Krebs. Von ihnen sind 100 000 schwer mangelernährt; nur etwa fünf Prozent wurden ernährungsmedizinisch betreut. Das belegt nach den Worten von Dr. John Heim, der in Berlin eine onkologische Schwerpunktpraxis führt, den Mangel an Fachwissen, nicht nur in Kliniken, sondern vor allem im ambulanten Bereich.

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25 bis 50 Prozent aller Krankenhauspatienten sind mangelernährt, berichtete Heim auf einem Satellitensymposium von Baxter bei der 15. Tagung für Intensivmedizin und Intensivpflege.

Dennoch würden erst in wenigen Krankenhäusern Patienten routinemäßig auf Mangelernährung untersucht und gegebenenfalls ernährungstherapeutische Maßnahmen eingeleitet. Bei der Entlassung fehle daher im Arztbrief meist ein Hinweis auf den Ernährungszustand, das heißt, die meisten Patienten sind weder ernährungstherapeutisch erfaßt noch mit einer Empfehlung versehen, so Heim.

Noch schlechter sei die ambulante Weiterversorgung, so Heim. Nur wenige niedergelassene Ärzte seien in der Ernährungstherapie weitergebildet. Von den 330 onkologischen Praxen böten weniger als 30 eine Ernährungstherapie an, obwohl etwa die Hälfte aller Krebspatienten während der Behandlung eine Mangelernährung entwickele.

Zur Abhilfe dieser Situation empfiehlt Privatdozent Johann Ockenga von der Charité in Berlin, ein generelles Screening in den Kliniken, um schon frühzeitig die Weichen für entsprechende Therapien stellen zu können. Mit dem Nutritional Risk Screening und dem Subjective Global Assessment könne der Ernährungszustand einfach und ohne zusätzliche Untersuchungen eingeschätzt werden.

Sie werden daher auch von der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin empfohlen. Ein aus vier Fragen bestehendes Vorscreening sollte bereits in die Pflegeanamnese eingebaut werden. Ockenga wies darauf hin, daß die Diagnose Mangelernährung auch bei den diagnose-bezogenen Fallpauschalen (DRG) relevant ist.

Liegt eine Mangelernährung vor und ist eine bedarfsdeckende orale oder enterale Nahrungsaufnahme innerhalb von drei Tagen nicht möglich, ist nach den aktuellen Leitlinien eine parenterale Ernährung indiziert. Bei metabolisch stabilen Patienten ohne Organinsuffizienz sind dabei Dreikammerbeutel ("All-in-One"-Lösungen) vorteilhafter als Einzelflaschen.

So ist etwa die Fehlerrate deutlich niedriger und es treten weniger Komplikationen (Kathetersepsis) auf. Zudem können Verbrauchsmaterial und Arbeitszeit des Pflegepersonals eingespart werden, so Dr. Ralf-Joachim Schulz von der Charité. "Bei uns werden 90 Prozent aller Patienten über Fertigbeutelsysteme ernährt", so Schulz.

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