Aids - eine rätselhafte Krankheit erschreckt die Welt

Veröffentlicht:

Aus den USA kommen erschreckende Nachrichten über eine rätselhafte Infektionskrankheit nach Europa: Aids. Alle sechs Monate verdoppelt sich die Zahl der Infizierten - ein Horror für eine Gesellschaft, die gerade mit sexuellen Tabus gebrochen hatte.

Atlanta, im Februar 1983: Eine Ad hoc-Konferenz des US-amerikanischen Centers for Disease Control (CDC) steht vor einer unlösbar erscheinenden Aufgabe:

Wie soll man den Träger eines wahrscheinlich hochinfektiösen Agens an der Verbreitung einer mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Tode führenden Krankheit hindern, wenn bei einer lange dauernden Inkubationszeit keinerlei Kenntnis über die Natur dieses Agens besteht?

Das erstmals 1981 in den USA beschriebene "Syndrom des erworbenen Immunschutzversagen (aquired immune-deficency syndrome = Aids)" war 1982 auch in Europa, erstmals in Dänemark beobachtet worden.

Der Kenntnisstand Anfang 1983, so die Ärzte Zeitung" am 8. Februar jenes Jahres: "Das einzig Gemeinsame der bisher bekanntgewordenen Fälle ist das Vorliegen besonders günstiger Voraussetzungen für die Übertragung des unbekannten Agens durch engen Mensch-zu-Mensch-Kontakt oder auf parenteralem Wege.

Verdacht entstand durch Hämophile, die Blutplasma erhalten hatten

Dieser Verdacht war entstanden, weil Aids bei Hämophilen aufgetreten war, die Blutplasmakonzentrate erhalten hatten.

Im selben Monat reagierten das Bundesgesundheitsamt und die Paul-Ehrlich-Gesellschaft. Bis zu diesem Zeitpunkt waren in den Vereinigten Staaten mehr als 1000 Fälle von Aids bekannt geworden.

Die Zahl der Infizierten hatte sich alle sechs Monate verdoppelt, die Mortalität lag bei 40 Prozent. In Deutschland gab es vier Todesfälle.

Auffällig war der hohe Anteil männlicher und weiblicher Prostituierter. Die "Bild-Zeitung", aber auch die "Ärzte Zeitung", sprachen von einer "Lustseuche".

Eine neue, ebenso rätselhafte wie erschreckende Krankheit war entstanden - mit einem massiven gesellschaftspolitischen Konfliktpotenzial, wie sich in den Folgejahren zeigte.

Massive Attacke auf sexuelle Revolution

Die Politik spaltete sich in zwei Lager: diejenigen, die die Infizierten isolieren wollten - prominentester Vertreter war Dr. Peter Gauweiler, damals Staatssekretär im bayerischen Innenministerium - und diejenigen, die mit Information und Aufklärung eine Präventionsstrategie anstrebten - prominenteste Vertreterin war die spätere Bundesgesundheitsministerin Rita Süssmuth.

Gesellschaftlich war die Krankheit eine massive Attacke auf die gerade 15 Jahre alte sexuelle Revolution, auf das Lebensgefühl der jüngeren Generation.

Die Bedrohung, die Aids auslöste, mobilisierte aber auch in bislang einmaliger Weise die Wissenschaftler an Universitäten und in der pharmazeutischen Industrie. Erfolgreich, wie wir heute wissen.

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Dr. Iris Dötsch Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologin und Ernährungsmedizinerin hat die Hauptstadtdiabetologinnen, eines neues Netzwerk für Frauen in der Diabetologie, gegründet.

© snyGGG / stock.adobe.com

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen