Neuer EBM beschert mehr Geld für Beratung

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Neuer EBM mit Umverteilung: Zugunsten der sprechenden Medizin sollte der EBM 1987 auch Hausärzten mehr Geld bringen. Finanziert aus einer Abwertung technischer Leistungen. Ein Streitfall im KV-System

Köln, 1. Juli 1986. Insgesamt 600 Ärzte starten zu Beginn des dritten Quartals in den KVen Niedersachsen, Nordrhein, Westfalen-Lippe, Hessen, Nord-Württemberg und Bayern die Erprobung des neuen Einheitlichen Bewertungsmaßstabes.

Darauf hatte sich eine Sonder-Vertreterversammlung der KBV Anfang April in München verständigt. Der Probelauf war eine Bedingung dafür, dass auch diejenigen KV-Vertreter, die der Reform vor allem ihrer Finanzwirkungen wegen kritisch gegenüberstanden, ihr Plazet geben konnten.

Das Ziel war es, festzustellen, wie vor allem neue, höher bewertete Leistungspositionen - Stichwort "sprechende Medizin" - frequentiert werden und ob die Reform insgesamt kostenneutral ist.

Hausärztliche Versorgung stärken

Die Honorarreform war eines der wichtigsten Projekte des damaligen KBV-Vorsitzenden Professor Siegfried Häußler, der damit das Ziel verfolgte, insbesondere die hausärztliche Versorgung zu stärken. Ferner sollten Fehlentwicklungen in der Technik, die als überbewertet galt, korrigiert werden.

Das ging mit einer weitreichenden Differenzierung der Beratungsleistungen einher, die bis dahin im wesentlichen in der Ziffer 1 abgebildet waren: ausgegliedert wurden Überweisungen und Wiederholungsrezepte, die in eigenen EBM-Positionen auf 30 Punkte reduziert wurden.

Es wurde eine eigenständige Ziffer für eine Kombination aus Beratung und symptombezogener Untersuchung geschaffen. Für zeitaufwendige Gespräche wurde eine eigene Ziffer geschaffen, die mit dem 2,5 bis fünffachen bewertet werden sollte.

Schließlich entstand eine nach Haus- und Fachärzten differenzierte Ziffer für eine komplexe Eingangsuntersuchung, die mit 360 Punkten (Allgemeinärzte, Internisten und Kinderärzte) und 190 Punkten (andere Arztgruppen) bewertet war.

Heikle Veränderungen

Derart weitreichende Veränderungen der Bewertungsstruktur - eine Aufwertung allein der Nr. 1 um einen Punkt erforderte einen Finanzbedarf von 50 Millionen DM - waren heikel und stießen auf erheblichen Widerstand, auch weil man befürchtete, es könne unter den Arztgruppen inadäquate Umverteilungen geben.

Ein Großteil der dafür benötigten Mittel sollte aus dem Laborhonorar finanziert werden. Zwischen 700 und 800 Millionen DM wurden umgeschichtet, überwiegend Honorar, das von Hausärzten im Labor erwirtschaftet wurde.

Kritiker der Reform befürchteten - nicht zur Unrecht -, dass das abgerechnete Punktzahlvolumen ausgedehnt wird, die Punktwerte verfallen und es immer schwieriger werden würde, aus der gedeckelten Gesamtvergütung auszusteigen. Das war für Mitte 1988 geplant. Und dieses Ziel erwies sich als illusionär. (HL)

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