Blattkritik der MinisterInnen

Die Redaktion stellt sich der Politik

30 Jahre und neun Gesundheitsminister hat die "Ärzte Zeitung" beobachtet. Mitunter sehr kritisch. Zum Jubiläum hatten vier GesundheitsministerInnen die Chance, der "Ärzte Zeitung" ihre Meinung zu sagen.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Hart, aber fair? Die Gesundheitsminister Ulla Schmidt (im Video), Ursula Lehr, Daniel Bahr und Andrea Fischer im Gespräch mit Wolfgang van den Bergh und Eckart von Hirschhausen über ihre Erfahrungen mit der "Ärzte Zeitung".

Hart, aber fair? Die Gesundheitsminister Ulla Schmidt (im Video), Ursula Lehr, Daniel Bahr und Andrea Fischer im Gespräch mit Wolfgang van den Bergh und Eckart von Hirschhausen über ihre Erfahrungen mit der "Ärzte Zeitung".

© Stefan Maria Rother

BERLIN. Keine andere Berufsgruppe hat diesen Kommunikationskomfort: Fünfmal in der Woche bekommt sie wissenschaftliche und politische Fachinformation geliefert - aber von montags bis freitags haben Ärzte auch Gelegenheit, ihren Standpunkt zur Politik transparent zu machen.

Hart, aber fair? Oder manchmal auch unter der Gürtellinie? Die "Ärzte Zeitung" wollte es wissen und bat den amtierenden Gesundheitsminister Daniel Bahr und die ehemaligen Ministerinnen Ursula Lehr, Andrea Fischer und Ulla Schmidt zur Blattkritik.

Die Ärzte seien ja gar nicht froh gewesen, dass eine Alternsforscherin Ende der 1980er Jahre die Verantwortung für das Gesundheitsressort übernahm - und neue Prioritäten setzte: beispielsweise Reha vor Pflege, Integration der Psychologen, wachsende Alterskompetenz.

Und dass die Ministerin, gerade sechs Wochen im Amt und auch zuständig für Jugend und Familie, dafür plädierte, dass Zweijährige in den Kindergarten aufgenommen werden sollten.

Ursula Lehr: "Da ist die ganze Republik über mich hergefallen, auch die ,Ärzte Zeitung‘. Mit dem Tenor: ,Die Gesundheitsministerin macht die Familie kaputt.‘"

Ein Jahrzehnt später, 1998, hat Rot-Grün die Mehrheit, und die bis dahin kaum bekannte Andrea Fischer übernimmt Verantwortung für die Gesundheitspolitik.

"Ich war jung, Frau, grün und keine Ärztin - das produziert Vorurteile", beschreibt sie die Reaktionen. "Die ,Ärzte Zeitung‘ hat dabei einen besonderen Furor entwickelt - aber sie war in guter Gesellschaft."

Tatsache ist, dass die durchweg männlichen und älteren Funktionäre ihre Schwierigkeiten mit Andrea Fischer hatten. Und deren Politik, mit der Ansätze zur Kooperation und Integration gestartet wurden, reserviert oder gar verständnislos gegenüberstanden.

Mit einigem Selbstbewusstsein kann sie heute sagen: "Am Ende waren es nicht die Ärzte, sondern ein paar verrückte Rinder, die mich gekillt haben." Denn Fehlleistungen von BMG-Institutionen bei der BSE-Krise führten 2001 zu Fischers Rücktritt.

Ihre Nachfolgerin Ulla Schmidt (SPD) war von hartem Holz geschnitzt und wurde lange unterschätzt. Per Video übermittelte sie die Botschaft: "Die Journalisten der ,Ärzte Zeitung‘ haben am wenigsten falsch gemacht."

Dennoch: Prägend ist die Berichterstattung der "Ärzte Zeitung" auch vom Meinungsbild der Funktionäre - und die hätten sich oft hinter Stereotypen wie den Vorwurf der Staatsmedizin versteckt. Dabei sei ja nie die reine Lehre Gesetz geworden.

Würden allein Ärzte sein politisches Schicksal bestimmen, dann wären die Karten für Daniel Bahr gut gemischt. "Wir sind in einem guten Dialog, aber der ist nicht konfliktfrei", beschreibt er sein Verhältnis zu den Ärzten.

Wobei der Hausärzteverband eher zu den Kritikern zählt. Bahr schätzt die "Ärzte Zeitung", gibt ihr gerne Interviews, und hat sie in den Pressespiegel des Ministeriums aufgenommen.

Nicht nur, um seine eigenen Interviews nachzulesen. "Die ,Ärzte Zeitung‘ ist eine Art Frühwarnsystem mit ihren Nachrichten aus der Region. Da erkennt man, wo Probleme entstehen."

© Springer Medizin

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