Tsunami führte nicht zum Super-GAU in Fukushima

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Was war der Auslöser für die verheerende Atomkatastrophe in Fukushima? Die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs wollen jetzt herausgefunden haben: Der Tsunami spielte keine große Rolle.

BERLIN (wul). Nicht der gewaltige Tsunami, sondern das Mega-Erdbeben der Stärke 9,0 und gravierende Sicherheitsdefizite der Anlage im havarierten Meiler Fukushima Daiichi im Nordosten Japans sollen hauptverantwortlich für die Nuklearkatastrophe vom 11. März 2011 gewesen sein.

Das postuliert zumindest die deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs (IPPNW).

In Berlin präsentierte IPPNW am Dienstag ihre Version der Rekonstruktion des Unfallhergangs. "Die offensichtlich interessengeleitete Darstellung, dass ausschließlich der Tsunami die atomare Katastrophe verursacht hat, ist eine Legende und geht an der Realität vorbei", sagte die Vorsitzende der deutschen IPPNW-Sektion Angelika Claußen.

Kritik an Sicherheitssysteme

Der IPPNW-Analyse zufolge hat nicht die Flutwelle, sondern das Erdbeben die Reaktorschnellabschaltung in den Blöcken eins und drei, den Zusammenbruch der externen Stromversorgung sowie die Absperrung der regulären Wärme abfuhr über die Frischdampfleitungen und das Hauptkühlwassersystem zum Meer ausgelöst. In Kombination mit den Sicherheitsmängeln habe dies zum Super-GAU geführt.

So seien Sicherheitssysteme beispielsweise räumlich und systemisch völlig unzureichend getrennt gewesen. "Die Blöcke zwei und drei verfügten neben dem Meer nicht über die Möglichkeit, die Nachzerfallswärme des Atomreaktors mit Hilfe eines ‚Isolation Condensers‘ (eines Notfallkühlsystems, die Red.) - an die Atmosphäre abzugeben", kritisierte der IPPNW-Atomenergieexperte Henrik Paulitz.

Flutwelle nicht so hoch wie von Tepco behauptet

Die Rolle des Tsunami bei der Katastrophe wird nach Ansicht von IPPNW maßlos übertrieben. Darauf sollen fehlende Beweise für die durch den Tsunami hervorgerufenen Schäden deuten.

Die festgestellten Schäden könnten auch, so die Spekulationen der IPPNW, teilweise durch das Erdbeben, seine Nachbeben oder durch die Störfallbedingungen hervorgerufen worden sein.

Auch sei die Flutwelle nicht, wie der Kraftwerksbetreiber Tepco behauptet, 14 Meter hoch gewesen, sondern dem Bericht der japanischen Regierung an die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) zufolge acht Meter hoch.

Für IPPNW gibt es nur eine Lehre aus der Fukushima-Katastrophe: Da zahlreiche Atomkraftwerke an erd bebengefährdeten Standorten stünden, forderte Claußen mit Nachdruck, weltweit alle Nuklearreaktoren abzuschalten.

Alle Informationen zur Atomkatastrophe von Fukushima.

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