Fukushima

UN sieht keine erhöhte Krebsgefahr

Veröffentlicht:
Fukushima am 17. März 2011.

Fukushima am 17. März 2011.

© Kyodo / dpa

WIEN. Der Atomunfall von Fukushima in Japan hat nach UN-Einschätzung das Krebsrisiko für die Bevölkerung nicht erhöht. Zu diesem Ergebnis kommt das Komitee der Vereinten Nationen für die Folgen von Strahlung (UNSCEAR) in seinem am Mittwoch veröffentlichten 300-seitigen Abschlussbericht. Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW kritisierte den Bericht als "Vertuschung".

Entscheidend für das nicht erhöhte Krebsrisiko ist nach UNSCEAR-Angaben die schnelle Evakuierung der Region rund um das havarierte Atomkraftwerk gewesen. "Ohne die Maßnahme wäre die Dosis für die Bevölkerung zehnfach höher gewesen", sagte der Vorsitzende des Komitees, deutsche Professor Wolfgang Weiss, in Wien. 80 Experten aus 18 Ländern hatten das Risiko für Schilddrüsenkrebs, Brustkrebs, Leukämie und Geburtsmissbildungen untersucht.

"Die Menschen sind zu Recht beunruhigt über mögliche Gesundheitsfolgen für sich und ihre Kinder", sagte UNSCEAR-Chef Dr. Carl-Magnus Larsson aus Australien. Die Daten und Einschätzungen ließen jedoch keinen signifikanten Anstieg der Krebsrate erwarten.

Ausnahme sei eine Gruppe von Kindern, die größerer Strahlung ausgesetzt gewesen sei. Unter diesen etwa 1000 Kindern sei die Gefahr von Schilddrüsenkrebs in Einzelfällen "theoretisch" erhöht. Auch 13 Arbeiter, die eine sehr hohe Strahlung abbekommen hätten, stehen nach Angaben von Weiss unter enger Beobachtung.

Jenseits der statistisch erkennbaren Entwicklung sei in Einzelfällen eine Krebsgefahr nicht auszuschließen, hieß es. "Wir haben nie gesagt, es bestehe ein Nullrisiko", sagte Weiss. Bei der Katastrophe im März 2011 war nach einem Tsunami das Atomkraftwerk Fukushima außer Kontrolle geraten. Im Anschluss kam es zur Kernschmelze.

Bis Sommer 2013 sind nach Angaben des UNSCEAR-Berichts die Schilddrüsen von 175.000 Kindern aus der Region um Fukushima untersucht worden. Zwar seien in 40 Prozent der Fälle Zysten entdeckt worden. Angesichts einer gleich hohen Rate von Veränderungen bei Kindern, die ganz woanders leben, sei das Ergebnis nicht alarmierend.

"Dies ist die Folge eines intensiven Screenings mit hochempfindlichem Gerät, nicht die Folge zusätzlicher Strahlung durch den Unfall", heißt es in dem Bericht. Japan plant, in den nächsten 30 Jahren die rund zwei Millionen Menschen aus der Region medizinisch besonders intensiv zu überwachen.

Scharfe Kritik von Ärzten

Die Experten der UN betonten erneut, die Strahlendosis habe nur ein Bruchteil der des Reaktorunglücks von Tschernobyl im Jahr 1986 betragen. Darüber hinaus habe ein Verbot des Verkaufs bestimmter Lebensmittel wenige Tage nach dem Unglück dazu beigetragen, die Strahlenbelastung zu minimieren, heißt es in dem Report. Im Unterschied dazu waren viele Krebsfälle nach Tschernobyl auf den Verzehr strahlenbelasteter Lebensmittel wie Milch zurückzuführen.

Nach Einschätzung der Wissenschaftler leiden die Menschen in Japan psychisch und sozial etwa unter der Evakuierung oder einer Stigmatisierung. Der Einfluss des Unglücks auf die Gesundheit beschränke sich nicht auf Strahlenfolgen, betonte UNSCEAR-Chef Larsson. Im Bericht wird auch daran erinnert, dass während der Räumung des Gebiets 50 Patienten aus Krankenhäusern gestorben waren.

Die Experten haben auch die Folgen für die Natur in einem Umkreis von 100 Kilometern zu Land und 30 Kilometern auf dem Meer unter die Lupe genommen. Langfristig sind demnach keine Veränderungen des Ökosystems zu befürchten.

Die Autoren schränken aber ein, dass der Effekt von radioaktivem Grundwasser, das immer noch ins Meer sickere, weitere Studien benötige. "Es gibt noch viele offene Fragen, die beantwortet werden müssen", sagte Larsson.

Die Ärzteorganisation IPPNW wirft der UNSCEAR vor, mit ihrem Bericht "das wahre Ausmaß der gesundheitlichen Folgen" systematisch herunterzuspielen. "Wie damals nach der atomaren Katastrophe von Tschernobyl werden die Risiken für die Menschen in den kontaminierten Gebieten vertuscht, verharmlost und verschwiegen", sagte der stellvertretende Vorsitzende der IPPNW, Dr. Alex Rosen, am Mittwoch in Berlin.

UNSCEAR habe sich zu sehr auf Angaben der Atomenergiebehörden und des Betreibers Tepco verlassen. Manipulationen und "Ungereimtheiten" von Messwerten würden die Autoren "wohlwollend" übersehen.

Nach Berechnungen der Ärzteorganisation könnten weit mehr Krebserkrankungen auf die Folgen des Fukushima-GAU zurückgehen, als angenommen. Bereits im September vergangenen Jahres hatte IPPNW von einer Zunahme von Schilddrüsen-Ca bei Kindern hingewiesen. (dpa/eb)

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Kommentare
Dr. Wolfgang P. Bayerl 27.07.201420:46 Uhr

Die Ärzteorganisation IPPNW ist keine "Ärzteorganisation"

sondern verantwortungslose Aktivisten, die Fakten grundsätzlich nicht akzeptieren!

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