Auch beim Urlaub im Abendland kann man sich Orientbeulen holen

KÖLN (ner). Viele Deutsche leben dauerhaft in warmen Ländern, von denen sie Krankheiten mitbringen, die hierzulande nicht gleich erkannt werden. Das passierte bei einem 58jährigen Mann, der seit zwei Jahren eine therapieresistente Entzündung am Ohr hatte. Eine histologische Untersuchung ergab eine Leishmaniose.

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Der Mann, er lebte seit fünf Jahren auf Zypern, stellte sich bei Dr. Gero Quante und seinen Kollegen an der HNO-Klinik der Universität Köln vor (HNO 54, 2006, 35).

Eine Infektion am Ohr war trotz lokalen und systemischen Antibiotika-Therapien nicht besser geworden. Die HNO-Untersuchung ergab lediglich einen leicht verengten Gehörgang, sonst war alles in Ordnung - abgesehen von einer ulzerösen Hautläsion an der rechten Ohrmuschel mit deutlicher Rötung.

Im Wundabstrich wiesen die Kollegen Escherichia coli und Candida albicans nach. Doch die Behandlung mit Clotrimazol und Sultamicillin blieb erfolglos.

Erst molekularbiologische Tests ergaben die richtige Diagnose

Daraufhin entnahmen Quante und seine Kollegen eine Gewebeprobe, die histologisch eine nicht näher einzuordnende granulomatöse Entzündung mit solitären Riesenzellkomplexen ergab. Ein Parasitologe stellte schließlich mit speziellen Färbemethoden neben den Zellkernen lokalisierte Parasiten mit Kinetoplasten (Mitochondrien bei Flagellaten) fest.

Weitere molekularbiologische Tests ergaben endlich die Diagnose: Leishmaniose mit dem Erreger Leishmania tropica. Die sechswöchige Therapie mit Fluconazol oral (Diflucan®) bewirkte eine vollständige Heilung.

Leishmania wird beim Stich infizierter Sandmücken übertragen. Sowohl Erreger als auch Überträger kommen ausschließlich in Südeuropa, im vorderen Orient, Asien und in Südamerika vor. Pro Jahr erkranken 1,8 Millionen Menschen an der Protozoen-Infektion, so Quante. Bei der kutanen Leishmaniasis, die auch als Orientbeule bezeichnet wird, entsteht zunächst eine Papel, die sich innerhalb von Monaten zu einem Knötchen entwickelt und schließlich ulzeriert.

Die Infektionen heilen häufig spontan ab

Spontanheilungen sind häufig. Zur systemischen Therapie werden nach Angaben von Quant und seinen Mitarbeitern meist Antimonverbindungen wie Natrium-Stibogluconat und Meglumin-Antimonat angewandt. Erfolge wurden auch mit Paromomycin-Salbe oder mit Amphotericin B sowie mit Azolverbindungen wie Itraconazol und Ketoconazol erzielt. In einer randomisierten und Placebo-kontrollierten Doppelblindstudie hat sich oral verabreichtes Fluconazol als effektiv erwiesen (NEJM 346, 2002, 891).

Seit kurzem ist auch eine orale Therapie mit Miltefosin möglich. Die Substanz war bisher als Impavido® zur Therapie bei viszeraler Leishmaniose zugelassen. Die Zulassung wurde inzwischen auch auf die Behandlung bei kutaner Leishmaniose durch Leishmania brasiliensis oder Leishmania mexicana ausgeweitet.

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