Deutsche sind Spitze bei Alkohol- und Tabakkonsum

Die gute Nachricht des neuen Reports der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen ist zugleich die schlechte: Der Suchtmittelkonsum bleibt stabil - auf sehr hohem Niveau.

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Gefesselt, süchtig: Exzessiver Tabakkonsum wird vielen Menschen zum Verhängnis. © Jun Dangoy / fotolia.com

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BERLIN (hom). Experten schlagen Alarm: Der Konsum von Suchtmitteln wie Alkohol oder Tabak verharre in Deutschland weiter auf einem "extrem hohen Niveau", warnte der Geschäftsführer der Deutschen Hauptgeschäftsstelle für Suchtfragen DHS, Dr. Raphael Gaßmann, bei der Vorstellung des neuen "Jahrbuchs Sucht 2010" am Mittwoch in Berlin.

Laut Studie konsumieren derzeit etwa 9,5 Millionen Bundesbürger Alkohol in einer gesundheitlich riskanten Weise. Das heißt, sie nehmen täglich mehr als 12 Gramm (Frauen) beziehungsweise 24 Gramm (Männer) Alkohol zu sich. Diese Menge entspreche etwa einem beziehungsweise zwei Gläsern Bier. Bei zwei Millionen Bundesbürgern müsse von einem missbräuchlichen Alkoholkonsum und bei 1,3 Millionen Bundesbürgern von einer Abhängigkeit von Bier, Schnaps und anderen alkoholischen Getränken gesprochen werden, so Gaßmann. Im internationalen Vergleich stehe Deutschland mit seinem Alkoholkonsum an fünfter Stelle. Nur in Luxemburg, Irland, Ungarn und Tschechien werde mehr Alkohol getrunken.

Die volkswirtschaftlichen Kosten durch von Alkoholabhängigkeit ausgelöste Krankheiten lägen bei rund 24 Milliarden Euro pro Jahr. Gaßmann rief Politik und Gesellschaft zu größeren Anstrengungen im Bereich der Alkoholprävention auf. "Öffentliche Maßnahmen zur Konsumreduzierung zeigen Wirkung", betonte der Experte. Dazu gehörten neben Aufklärungskampagnen auch Verbote und Sanktionen - etwa für Gaststättenbetreiber, die rechtswidrig Alkohol an Minderjährige ausschenkten. Umsatz- und Konsumrückgänge beim Tabak seien ebenso Bestätigung dieser "richtigen Suchtpolitik" wie die zum Teil positive Wirkung staatlicher Präventionsmaßnahmen im Glücksspielbereich.

Laut DHS-Suchtreport wurden in Deutschland im Jahr 2008 noch 1068 Zigaretten pro Kopf verbraucht - 44 weniger als im Vorjahr 2007 (1112 Zigaretten). Dennoch sei weiterhin von jährlich bis zu 140 000 tabakbedingten Todesfällen auszugehen. Im Bereich des krankhaften Glücksspiels sei eine Risikoverlagerung von Spielbanken hin zu Geldspielautomaten zu verzeichnen. Solche Automaten würden ein hohes Suchtrisiko bergen, da sie mit hohen Gewinnmöglichkeiten assoziiert würden.

Besonderes Augenmerk legte die DHS in ihrem Report auf die Abhängigkeit von Medikamenten. Der Hannoveraner Suchtexperte Armin Koeppe sprach von einem "seit Jahrzehnten verkannten und wenig erforschten Gefährdungsbereich". Betroffen seien vor allem ältere Menschen. Schätzungsweise bis zu 2,8 Millionen der über 60-Jährigen wiesen einen problematischen Gebrauch psychoaktiver Medikamente oder Schmerzmittel auf, so Koeppe.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Der Alkoholsucht wirksam begegnen

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