Macht der Bundesausschuss neue DMP besser?

Disease Management Programme sind beliebt, aber ob sie die Versorgung verbessern, weiß man nicht. Den weiteren Weg soll der Bundesausschuss bestimmen.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
Hausärzte spielen bei den DMP eine entscheidende Rolle: Sie sind es, die die Patienten einschreiben.

Hausärzte spielen bei den DMP eine entscheidende Rolle: Sie sind es, die die Patienten einschreiben.

© Klaus Rose

BERLIN. Im Rahmen des Versorgungsstrukturgesetzes (VStG) ist geplant, dass die Richtlinienkompetenz für Disease Management Programme vom Bundesgesundheitsministerium und dem Bundesversicherungsamt vollständig auf den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) übergeht. Das umfasst auch die Bestimmungen für die Evaluation.

Das Bundesversicherungsamt (BVA) soll aber weiterhin für die Qualitätssicherung zuständig sein.

GBA "bestens geeignet"

"Wir erwarten dadurch eine flexiblere Entwicklung, eine inhaltliche Erweiterung und schnellere Umsetzung der DMPs", sagte Dr. Josephine Tautz vom Bundesgesundheitsministerium beim Fachkongress "Zehn Jahre DMP" am 19. September in Berlin.

Sie ist davon überzeugt, dass der GBA für diese Aufgabe "bestens geeignet" ist. Zudem will das Bundesgesundheitsministerium die Befristung der Programme aufheben. Damit entfällt die Wiederzulassung durch das BVA.

Davon verspricht sich das Ministerium, dass der Verwaltungsaufwand bei Krankenkassen und BVA deutlich reduziert wird. Der Aufwand für die Ärzte sei bereits mit der Einführung der elektronischen Dokumentation gesenkt worden.

GBA soll künftig auch Evaluation neu regeln.

BVA-Präsident Dr. Maximilian Gaßner äußerte sich verhalten kritisch darüber, dass der GBA künftig auch die Evaluation neu regeln soll. "Wir gehen davon aus, dass der GBA uns bei der Erstellung der Richtlinien angemessen beteiligt", sagte er. Der Ausschuss stehe vor den gleichen Methodenproblemen wie das BVA und werde sie auch nicht anders lösen können.

Die Aussagekraft der Evaluation der Programme ist begrenzt. Das kritisierte nicht nur der Gesundheitsökonom Professor Gerd Glaeske. Auch der Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats DMP beim BVA, Professor Karl Wegscheider, wies darauf hin, dass sich keine Aussagen treffen lassen, ob die Programme die Versorgung verbessert haben. "Das wäre ein Missbrauch der Daten", sagte Wegscheider.

Das hängt damit zusammen, dass die Versorgungslage bei Einführung der Programme nicht ausreichend erforscht wurde. Nach Wegscheiders Auffassung tritt dieser Anfangsfehler aber mit der Zeit in den Hintergrund. "Inzwischen sind DMP gelebte Alltagspraxis", sagte er.

DMP können auch Fehlanreize setzen, warnt Versorgungsforscher

Fest steht, dass DMP die Versorgung verändert haben. Der Versorgungsforscher Professor Bertram Häussler warnte jedoch davor, dass die Programme auch Fehlanreize in der Versorgung setzen könnten. So sei beim DMP für Typ-2-Diabetiker die Blutzuckersenkung mit Insulin zur Erreichung eines bestimmten Hba1c-Wertes stark ins Zentrum gerückt.

Häussler sprach von einer regelrechten "Insulinisierung" und verwies auf eine Studie, die nun gezeigt habe, dass stramme Blutzuckersenkung mit Insulin medizinisch nachteilig sein kann. Offen blieb, wie solche neuen Erkenntnisse künftig möglichst schnell in die Programme einfließen können.

Lesen Sie dazu auch: DMP-Nutzen: Rätselraten zum Zehnjährigen

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