Der Standpunkt

Schluss mit Volksbeglückung!

Die Gesundheitspolitik arbeitet an den Problemen vorbei, finden laut MLP-Report 80 Prozent der Ärzte und Bürger. Das zeigt sich vor allem an der Pflegereform, meint Helmut Laschet. Zwei Jahre sind durch Untätigkeit oder parteipolitische Zwistigkeiten vertan worden. Und die Eckpunkte, die das Bundeskabinett kürzlich verabschiedet hat, lassen wenig Hoffnung auf eine gelingende Reform zu.

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Der Autor ist stellv. Chefredakteur und Ressortleiter Gesundheitspolitik bei der Ärzte Zeitung. Schreiben Sie ihm: helmut.laschet@springer.com

Deutlicher kann es einer Regierung nicht mehr gesagt werden: Die Gesundheitspolitik arbeitet in wichtigen Teilen an den Problemen vorbei.

Einhellig sind 80 Prozent der Ärzte und der Bevölkerung der Auffassung, dass die schwarz-gelbe Koalition unzulänglich auf die Herausforderungen einer alternden Gesellschaft reagiert und dabei vor allem die Pflegepolitik sträflich vernachlässigt, wie der gemeinsam mit der Bundesärztekammer und dem Institut für Demoskopie herausgegebene MLP-Gesundheitsreport 2011 belegt.

Zwei Jahre sind durch Untätigkeit oder parteipolitische Zwistigkeiten vertan worden - und die überaus dürftigen Eckpunkte zur Pflegereform, die das Bundeskabinett in der vergangenen Woche verabschiedet hat, lassen wenig Hoffnung auf eine im nächsten Jahr gelingende Reform zu.

Der Report zeigt ein weiteres Phänomen: das Problembewusstsein der Bürger und als Teil von ihnen auch der Ärzte ist ausgeprägter als das der Politik. Dies ist eine Lektion, die Sozialpolitiker endlich zu lernen haben: Die Zeit der Volksbeglückung ist vorbei. Insofern gewinnt die Forderung der verfassten Ärzteschaft nach einer gesundheitspolitischen Prioritätensetzung eine breite Legitimation.

Dies gilt umso mehr, als die aktuelle Gesundheitsversorgung gute Noten bekommt, die sich seit 2008 signifikant verbessert haben. Dies mag daran liegen, dass mit der Schaffung des Gesundheitsfonds durch die Vorgänger-Regierung ein Instrument vorhanden war, das die medizinische Versorgung gegen die Negativwirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise wirksam abgepuffert hat.

Eine weitere Ursache dürfte sein, dass Ärzte weitaus weniger stark zwischen Kassen- und Privatpatienten unterscheiden als ihnen politisch häufig unterstellt wird.

Den Menschen ist aber bewusst: diesen Status der ärztlichen und medizinischen Versorgung zu halten, wird in Zukunft sehr schwierig sein. Der Bürger ist auf wachsende Belastungen und Einschnitte eingestellt. Die Reformbereitschaft ist vorhanden.

Lesen Sie dazu auch: Ärzte und Bürger voller Zukunftsangst

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