Betreuungsgeld macht Union wenig Freude

BERLIN (dpa). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält trotz des Widerstands in ihrer eigenen Partei am geplanten Betreuungsgeld für Eltern fest, die sich zuhause selbst um ihre Kinder kümmern wollen.

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Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag in Berlin, die Bundesregierung stehe zu dem, was die Koalitionspartner CDU, CSU und FDP im vorigen November erneut beschlossen hätten. Das sei die Wahlfreiheit der Eltern, wie sie ihre Kinder bis zum dritten Lebensjahr betreuen oder betreuen lassen wollen.

Dafür werde zum einen der Ausbau von Kindertagesstätten finanziell gefördert und zum anderen ein Betreuungsgeld eingeführt. Bis zur Sommerpause werde ein Gesetzentwurf eingebracht.

Der Streit ist wieder aufgeflammt, weil 23 CDU-Abgeordnete ankündigten, der Vereinbarung nicht zuzustimmen. Die CSU, die den Beschluss zum Betreuungsgeld durchgesetzt hatte, pocht auf Einhaltung der Koalitionsabsprachen vom November.

Die FDP machte deutlich, dass sie nicht am Betreuungsgeld hängt. Seibert betonte: "Die politische Entscheidung in der Koalition ist gefallen." Der Gesetzentwurf soll bis Ostern im Bundesfamilienministerium fertiggestellt sein und anschließend in die Abstimmung gehen.

Die Leistung soll ab 2013 an Eltern gezahlt werden, die ihre Kinder nicht in eine Kita geben. Zunächst sollen es 100 Euro, später 150 Euro monatlich geben.

2013 sind im Bundeshaushalt 400 Millionen Euro dafür eingeplant. Ab 2014 sollen es jährlich 1,2 Milliarden Euro sein.

Die meisten Anhänger sehen die Pläne skeptisch

Nach einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Nachrichtenagentur dpa sehen die meisten Anhänger der Union und der Koalition wie die Gesamtbevölkerung das geplante Betreuungsgeld kritisch.

Danach erwarten mehr als zwei Drittel der Sympathisanten von CDU/CSU und FDP (72 Prozent), dass ärmere oder sogenannte bildungsferne Eltern dadurch abgehalten werden, ihr Kind in eine Kita oder eine andere Betreuungseinrichtung zu schicken.

Für die meisten Unions-Wähler wäre es auch sinnvoller, die für das staatliche Betreuungsgeld eingeplanten Mitteln in den Kita-Ausbau zu stecken.

73 Prozent der Bevölkerung erwarten, dass viele Kinder etwa aus Migrantenfamilien deswegen zuhause bleiben und so nicht ausreichend gefördert werden. Lediglich 17 Prozent sind gegenteiliger Ansicht.

Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, beharrte in der "Bild" auf den Absprachen: "Das Betreuungsgeld steht nicht zur Debatte."

Sie widersprach dem Vorwurf, die Eltern gäben das Geld nicht für ihre Kinder aus. Zwei Drittel der Familien in Bayern betreuten ihre Kinder in den ersten Lebensjahren daheim. "Das sind keine Menschen, die am Herd stehen oder das Geld vertrinken."

Der bayerische CSU-Landtagsfraktionschef Georg Schmid forderte die Kritiker in der CDU zum Einlenken auf.

Jeder entscheidet für sich

"Wenn alle diese Vereinbarung in der Koalition getroffen haben, haben sich auch alle daran zu halten", sagte er in München. "Jeder entscheidet über den Lebensentwurf für sich und seine Familie."

Der stellvertretende Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Max Straubinger, bezeichnete den Widerstand der 23 CDU-Abgeordneten als "Rebellion gegen den Koalitionsvertrag".

Zugleich zeigte er sich in der "Passauer Neuen Presse" überzeugt, dass das Betreuungsgeld nicht scheitert. "Wir werden in der Fraktion noch einmal eine intensive Diskussion führen."

Diana Golze von den Linken sagte: "Mit Rollenbildern aus dem 19. Jahrhundert kann man keine Familienpolitik für das 21. Jahrhundert machen. Diese Erkenntnis scheint endlich auch in den Reihen der CDU zu reifen."

Die Grünen-Abgeordnete Katja Dörner sagte: "Es ist nicht akzeptabel, dass die CSU mit dem Betreuungsgeld der gesamten Republik ihr rückwärtsgewandtes Familienbild aufzwingen möchte." Familienministerin Kristina Schröder (CDU) müsse den "Spuk" beenden.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Schnapsidee Betreuungsgeld

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