Beske: Politiker, sagt endlich die Wahrheit!

Ein Abschied und deutliche Worte: Zum letzten Mal ist Professor Fritz Beske bei der Kieler Woche aufgetreten. Seine Forderung: Die Politik müsse endlich die Wahrheit über die künftigen Probleme im Gesundheitswesen sagen. Mehr könne man von ihr nicht erwarten - schon gar nicht Lösungen.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Nicht nur ein Segelvergnügen: Kieler Woche.

Nicht nur ein Segelvergnügen: Kieler Woche.

© dpa

KIEL. Lösungen durch die Verbände, Ehrlichkeit von der Politik: Professor Fritz Beske nutzt seine Abschiedsvorstellung bei der gesundheitspolitischen Veranstaltung zur Kieler Woche zu einem Appell an die Verantwortlichen. Beske plant, sich aus dem Alltagsgeschäft zurückzuziehen.

"Wo Stillstand zum System gehört, sind Anstöße von außen nötig": So überschrieb die "Ärzte Zeitung" den Bericht über die erste gesundheitspolitische Podiumsdiskussion des Fritz-Beske-Instituts zur Kieler Woche im Jahr 2001.

Elf Jahre später die zwölfte und letzte Auflage der bundesweit beachteten Runde: Beske erneuert seinen Anstoß, erinnert an den bevorstehenden Rückgang der Zahl von Menschen im erwerbsfähigen Alter und die wachsende Zahl von Menschen mit Demenz.

Lösungen erwartet Beske von Politikern nicht

Bis zum Ende bleibt Beske, der mit stehendem Applaus verabschiedet wird, seiner Linie treu und appelliert an die Politik, der Bevölkerung die Wahrheit über die auf sie zukommenden Herausforderungen zu sagen.

Fritz Beske

Fritz Beske

© privat

Mehr solle man von der Politik nicht erwarten, erklärt der Gesundheitsökonom, vor allem keine Lösungen. "Damit sollte man die Verbände im Gesundheitswesen beauftragen."

Traditionell sind in Beskes Runde die Organisationen der Heilberufe vertreten. Für die Ärztegenossenschaft macht Dr. Klaus Bittmann deutlich, dass er die Selbstverwaltung gefragt sieht.

"Wir müssen den Schutz der eigenen Zäune verlassen." Zu selten sieht Bittmann diese Bereitschaft bei allen Beteiligten, auch nicht bei den eigenen Kollegen.

Ohne Zusammenarbeit über die Berufsgrenzen hinweg und mit dem Festhalten an Privilegien droht den Heilberufen nach seiner Einschätzung eine Fremdbestimmung und größerer Einfluss anderer Akteure: "Sonst wird Fresenius Schleswig-Holstein versorgen", verdeutlicht Bittmann die Folgen.

Auch Wolfram-Arnim Candidus, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Versicherte und Patienten (DGVP) setzt auf Eigeninitiative und fordert ein Bündnis, das der Politik Lösungsvorschläge unterbreitet. Martin Litsch, Chef der AOK Nordwest, zeigt sich dafür aufgeschlossen.

Eine Priorisierungsdebatte und mehr Bereitschaft auch zum ehrenamtlichen Engagement hält er für nötig, um auf die Herausforderungen zu reagieren.

Über Priorisierung wird nur ungern geredet

Verstärkt einbringen wollen sich auch die Pflegekräfte, wie Andreas Westerfellhaus betont: "Bei einer Pflegereform muss man die einbeziehen, die die Pflege erbringen", fordert der Präsident des Deutschen Pflegerates.

Ob Bereitschaft und Engagement der Akteure im Gesundheitswesen ausreichen, um die Politik zum Umdenken zu bewegen?

Beskes Dauergast Dr. Rainer Hess, bei der ersten Auflage noch für die KBV, inzwischen für den Gemeinsamen Bundesausschuss in der Runde, hat so seine Zweifel. Zumindest derzeit sieht er die Politik nicht in der Lage, die Diskussion um Leistungseinschränkungen zu führen.

Das bestärkt Beske in seiner Sorge, dass die deutsche Gesundheitspolitik erst zum Handeln bereit ist, "wenn das Dach eingestürzt ist". Was das bedeutet, zeige sich derzeit in anderen europäischen Ländern.

Beske verweist auf die Situation in Griechenland, Spanien und Großbritannien, wo Patienten und Versicherten große Opfer abverlangt werden, weil die Gesundheitssysteme nicht auf die Krise vorbereitet waren.

Diese Vorbereitung könnten die Akteure leisten, wenn die Politik ihnen den Auftrag erteilt: "Der Ball liegt bei der Politik."

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